1. September 2022: Endlich wieder ein Nachtzug Hamburg-Altona - Stockholm

20. Februar 2023: der Nachtzug wird 173 Tage später »offiziell« eingeweiht

Fotos und Videos von der um fünfeinhalb Monate verspäteten Zeremonie sehen Sie hier.

 

 

Gemeinsame Pressemitteilung der Bürgerinitiative Prellbock Altona e. V. und der Initiative Back on Track zum Start der wieder eingerichteten Nachtzugverbindung von Stockholm nach Hamburg-Altona am 1.9.2022

 

Die Renaissance des Nachtzuges – Der Kopfbahnhof Altona für Nachtzüge besonders geeignet

 

Die Initiativen Back-on-track und Prellbock-Altona begrüßen die Wiedereröffnung der Nachtzuglinie von Stockholm nach Hamburg-Altona durch die schwedische Staatsbahn SJ.

 

Schweden hat die Zeichen der Zeit erkannt, dass viele Bürger*innen klimaschonend reisen wollen, und unterstützt die Wiedereinrichtung dieser Zugverbindung aus Mitteln des Staatshaushalts.

 

Prellbock und Back-on-track wünschen der neuen Linie einen guten Start und wirtschaftlichen Erfolg.

 

Mit einem Start nach der Tourismus-Hochsaison zeigt sich, dass die SJ nicht nur auf touristische Verkehre zielt, sondern auch die skandinavischen (und perspektivisch auch deutschen) Geschäftskunden als Zielgruppe sieht, die klimabewusst reisen wollen.

 

Die SJ hat bewusst den Kopfbahnhof Hamburg-Altona als Zielbahnhof für diese Linie gewählt und nicht den chronisch überlasteten Hamburger Hautbahnhof, weil der Kopfbahnhof Altona

 

* Reservekapazitäten für die längeren Standzeiten eines Nachtzuges hat,

 

* Altona für Reisende aus Skandinavien aufgrund der hier beginnenden Autoreisezüge bekannt und beliebt ist und

 

*  in nächster Nähe des für die Wartung von Nachtzügen besonders qualifizierten Bahnbetriebswerkes Langenfelde liegt und last but not least,

 

* mit Nachtzugverbindungen nach Basel/Zürich, München/Innsbruck/Wien sich quasi als natürlicher Nachtzughub für den norddeutschen Raum anbietet.

 

 

Joint press release by the citizens’ initiative Prellbock Altona e .V. and the Back on Track initiative on the start of the new night train connection from Stockholm to Hamburg-Altona on 1.9.2022.

 

The renaissance of the night train – Altona terminus station particularly suitable for night trains

 

The initiatives Back-on-track and Prellbock-Altona welcome the reopening of the night train line from Stockholm to Hamburg-Altona by the Swedish state railway SJ.

 

Sweden has recognised the signs of the times, that many citizens want to travel in a climate-friendly way, and supports the reinstatement of this train connection with funds from the state budget.

 

Prellbock and Back-on-track wish the new line a good start and economic success.

 

With a start after the peak tourism season, it shows that the SJ is not only aiming at tourist traffic, but also sees Scandinavian (and in perspective also German) business customers who want to travel in a climate-conscious way as a target group.

 

The SJ has deliberately chosen Hamburg-Altona terminus as the destination station for this line instead of Hamburg’s chronically overloaded main station, because the Altona terminus

 

* has reserve capacity for the longer idle times of a night train,

 

* Altona is well-known and popular for travellers from Scandinavia due to the motorail trains that start here, and

 

* is in the immediate vicinity of the Langenfelde depot, which is particularly qualified to maintain night trains, and last but not least,

 

* with night train connections to Basel/Zurich, Munich/Innsbruck/Vienna, Altona is a natural night train hub for northern Germany.

 

 

Initiativen Back-on-track och Prellbock-Altona välkomnar SJ's nyöppnande av nattågslinjen från Stockholm till Hamburg-Altona

 

SJ kommer att erbjuda sina kunder ett nytt och klimatanpassat sätt att resa till kontinenten.

 

Därför kommer man att återinföra, med statens hjälp, en smidig daglig nått- tågförbindelse från Stockholm till Hamburg .

 

Prellbock och Back-on-track önskar den nya linjen en bra start och ekonomisk framgång.

 

Med start efter sommarens turist högsäsong erbjuder SJ nu sina kunder i Sverige, privata resenärer såväl som företagskunder, att kunna resa på ett klimatvänligare sätt.

 

SJ har medvetet valt Hamburg-Altona terminalen som endstation och inte den permanent överbelastade Hamburg Centralen (Hauptbahnhof), eftersom Hamburg Altona

 

 

* har reservkapacitet för de längre stilleståndstiderna för nattåg

 

* igger i omedelbar närhet av depån i Langenfelde, som är särskilt lämpad för nattågslinjen

 

* är välkänt och populärt bland resenärer från Skandinavien på grund av de bil-transporttåg som startar här

 

* är en naturlig knutpunkt för nattågsförbindelser från Nordtyskland till Basel/Zürich, München/Innsbruck/Wien

 

 

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Pressekonferenz am 8. Dezember 2020: Sechs neue Nightjets bis 2024

Genau fünf Jahre, nachdem die DB auf der Fahrt zum Pariser Klimagipfel die Abschaffung ihrer Nachtzüge verkündet hatte, lud das Bundesverkehrsministerium zu einer Pressekonferenz ein: DB, ÖBB, SBB und SNCF »wollen ab 2021 neue grenzüberschreitende Nachtzugverbindungen in Europa anbieten und gemeinsam betreiben«.

 

 

Die Pressekonferenz kann auf der Website des Bundesministeriums und auf Youtube angeschaut werden.

Die offizielle Erklärung gibt es hier.

 

Der Titel der Grafik gibt den Charakter der neuen Züge richtig wieder: Es handelt sich um eine Ausdehnung des Netzes der ÖBB-Nightjets unter Hilfestellung der anderen drei Bahnen.

 

Die geplanten Linien entsprechen Zügen, die es bis vor einigen Jahren noch gab:

Wien-Paris wurde letztmals im Dezember 2007 bedient (unter dem Namen »Orient-Express«) – eine Pause von 14 Jahren

Berlin-Brüssel wurde letztmals im Dezember 2008 bedient (mit Weiterfahrt nach Paris) – nach 15 Jahren wieder eine Verbindung

Zürich-Rom war im Dezember 2009 gestrichen worden, er soll also nach 13 Jahren wiederkommen

Zürich-Barcelona (»Pau Casals«) verkehrte letztmals im Dezember 2012 – eine Rückkehr nach 12 Jahren

Berlin-Paris fuhr letztmals im Dezember 2014 – hier kommt die tägliche* Verbindung nach 9 Jahren zurück

Zürich-Amsterdam fuhr bis Dezember 2016 – hier erfolgt die Rückkehr nach »nur« 4 Jahren

 

 

Die Pressekonferenz wurde leider beendet, ehe auch nur einige Fragen der Medien beantwortet wurden, unter anderem:

  • Wie soll die Kooperation in der Praxis aussehen? Wer stellt das Personal?
  • In welchem Verhältnis stehen diese Linien zu den Linien, die im September als »EuroNight«-Linien im Rahmen des Konzeptes »TEE 2.0« präsentiert wurden, und zu den Zügen, die schon heute einen Teil dieser Linien befahren, etwa zwischen Schweden und Deutschland?
  • Was ist mit anderen Verbindungen, zum Beispiel nach Madrid und Portugal?

Aus dem Rahmen fielen die Beiträge von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und DB-Chef Richard Lutz, die mit keinem Wort darauf eingingen, dass die Deutsche Bahn mutwillig in den Jahren bis 2016 ein funktionierendes und gut ausgelastetes Nachtzugnetz zerstört hatte und seit der Verkündung der Einstellung der »echten« Nachtzüge (durch Ronald Pofalla im November 2015) das nächtliche Reisen im ICE oder IC, also im Sitzwagen, propagiert hatte. Der DB-Chef wiederholte außerdem die Behauptung, in den DB-Nachtzügen seien die Reisendenzahlen in den letzten Jahren vor ihrer Einstellung auf nur noch ein Prozent der Fernverkehrsreisenden gesunken. Diese von der DB immer wieder vorgebrachte Behauptung ist gleich in zweifacher Hinsicht falsch:

Erstens waren die Reisendenzahlen nicht gesunken, sondern »stabil« (DB-Vorstand Ulrich Homburg im Januar 2015 gegenüber dem Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages) und seitdem sogar noch gestiegen (»Nachtzug-Monitoring« der DB vom September 2016, nachzulesen in den Stuttgarter Nachrichten vom 18.12.2016), und zweitens waren es mehr als doppelt so viel wie behauptet, denn die DB zählte die Reisenden in den Sitzwagen ihrer Nachtzüge nicht als Nachtzugreisende, sondern als InterCity-Reisende und schlug sie dem Tagesverkehr zu. Die Verkehrsleistung der Nachtzüge lag wegen der größeren Reiseweite ihrer Nutzer bei etwa 3 bis 4 Prozent des Fernverkehrs. Immer noch weniger als bei den ÖBB (etwa 17 bis 20 Prozent), aber eben auch deutlich höher als die tendenziös verzerrte Zahl von einem Prozent.

 

 

 

* Der nur an einzelnen Tagen verkehrende Nachtzug Moskau-Berlin-Paris der russischen RZD, der in einigen Jahren zwischen Berlin und Paris tagsüber unterwegs war, sei hier ausgeklammert.


TEE 2.0 - die deutsche Regierung setzt sich an die Spitze des (Nacht-)Zuges

Wenn man die Nachtzug-Verhinderungspolitik der Bundesregierung und der DB in den letzten Jahren mitbekommen hat, reibt man sich jetzt verwundert die Augen: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer präsentierte am 21. September auf einer dem »EU-Schienengipfel« ein Konzept europäischer Fernzüge zwischen Barcelona und Warschau, Amsterdam und Rom, welches das bisherige Netz an Tages- und Nachtzügen ergänzen soll.

Die Äußerungen des Ministers lesen sich über weite Strecken so, als habe er bei »Back on Track«, »Bahn für alle«, »Bürgerbahn statt Börsenbahn«, »Oui au train de nuit«, »PRO BAHN« und vielen anderen - Bloggern, Politikerinnen, NGOs und Parteien - abgeschrieben: Nachtzüge sind umweltfreundlich und ermöglichen auf langen Strecken eine Bahnfahrt durch halb Europa.

 

Als Nachtzüge sind geplant:

Paris - Bruxelles - Köln - Berlin

Bruxelles - Köln - Berlin - Warszawa/Praha

Amsterdam - Köln - Basel - Milano - Venezia/Genova

Frankfurt/Zürich - Mulhouse - Lyon - Montpellier - Barcelona

Berlin - Innsbruck - München - Verona - Roma/Nice

Paris - Strasbourg - Stuttgart - München - Budapest/Zagreb

Paris/Amsterdam - Köln - Hamburg - København - Stockholm

Stockholm - København - Berlin - Praha - Wien/Budapest

 

Erkennen Sie »Ihren« früheren Nachtzug wieder? Etwa Berlin-Paris, Köln-Warszawa, Amsterdam-Milano?

 

Bei diesem Konzept geht man davon aus, dass die bestehenden Netze von ÖBB, SNCF, SJ, ČD, ZSSK und anderen noch weiter ausgebaut werden.

 

Hier sind die Dokumente des »Schienengipfels« als Link und zum direkten Download, ergänzt um einige Medienberichte.

TEE deutsch - TEE english - TEE français

 

Berliner Morgenpost - Hamburger Abendblatt - Spiegel Online - Deutschlandfunk Text und Ton - DLF mit Sebastian Wilken - Euroblog von Jon Worth - ZEIT - Münchner Merkur - Aachener Nachrichten - Tagesschau - Frankfurter Allgemeine - Agence France Presse

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Präsentation TEE 2.0 deutsch
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»Nachtzüge haben eine große Zukunft in Europa, sie wären eine wunderbare Botschaft für die weitere Vertiefung Europas. Wir haben einige Länder und Strecken definiert, die für Nachtzugreisen interessant sind. Paris wäre ein spannendes Ziel – zum Beispiel ab Berlin. Auch Stockholm-Hamburg oder Zürich-Barcelona sind interessant. Es darf keine Denkverbote geben. Die Klimadebatte spricht für die Eisenbahn. Ein Zug verursacht 31 mal weniger CO2 als ein Flieger.«

 

ÖBB-Chef Andreas Matthä im Interview mit der WirtschaftsWoche

Presseecho auf »Zukunft«


Europäische Nachtzugkonferenz in Hamburg-Altona

Vom 18. bis 20. Oktober traf sich das europäische Netzwerk »Back on Track« in Hamburg-Altona. Bei einer öffentlichen Veranstaltung im Rathaus Altona – 1844 als Hauptbahnhof Altona errichtet – und einer zweitägigen Konferenz im Kulturzentrum W3 informierten und diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über den gegenwärtigen Zustand und die Zukunft der europäischen Nachtzüge. Zugleich unterstützten sie die Forderung von Prellbock Altona nach Erhalt und Modernisierung des Bahnhofs Altona am gegenwärtigen Standort.

Auf der Veranstaltung im voll besetzten Kollegiensaal des Rathauses Altona diskutierten Sven Pöllauer (ÖBB), Nick Brooks (ALLRAIL), Patrik Nylander (Schwedisches Infrastrukturministerium), Bernhard Knierim (Bahn für alle) und Carl Süß (Fridays for Future). Die Teilnahme von Karima Delli, der Vorsitzenden des Transportausschusses im Europäischen Parlament, scheiterte bezeichnenderweise an einer sieben(!)stündigen Verspätung bei der Bahnfahrt von Brüssel über Köln und Hannover – gäbe es den 2008 eingestellten Nachtzug Paris-Brüssel-Hamburg noch, wäre sie morgens um 8 Uhr und nicht erst abends um 22 Uhr in Altona eingetroffen. So konnte sie sich nur noch mit den Organisatoren der Konferenz zum »Nachgespräch« treffen und über die nächsten Schritte sprechen, die zur Erweiterung des Nachtzugnetzes nötig sind.

Weitete Informationen werden hier nach und nach hochgeladen. Der Videomitschnitt ist auf Youtube zu finden!

 

Unmittelbar nach der Konferenz hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eine Studie (mit dem Datum 19.10.2017!) auf seiner Internetseite freigeschaltet: »Entwicklung eines attraktiven europäischen Nachtzugsystems und Potenziale für den Nachtzugverkehr von, nach und innerhalb Deutschlands«.

Man kann gespannt sein, ob sich die Regierung, die Groko-Abgeordneten und manche Medienvertreter mit deren Inhalten auseinandersetzen oder weiterhin die Abriss-Propaganda der DB aus den Jahren 2015 und 2016 nachplappern.

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Nachtzugstudie des BMVI, online gestellt im Oktober 2019
schlussbericht-entwicklung-nachtzugsyste
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DB erwägt Wiedereinführung der Nachtzüge

 

Die »WirtschaftsWoche« berichtet am 13.9.2019: Die DB hat erkannt, dass es einen hohen Bedarf für Nachtzüge gibt – und will wieder richtige Nachtzüge betreiben, zusammen mit den ÖBB.

 

 

Mehr dazu demnächst ... auf der Konferenz von »Back on Track« und »Prellbock Altona« ... siehe unten

 

Meldungen ab September 2017 stehen unter »Zukunft«

 

dort auch: 22.8.2018 - Oberverwaltungsgericht Hamburg stoppt Verlegung des Bahnhofs Altona, weil kein Plan für eine neue Autoverladeanlage besteht

und: Wahlprüfsteine für die Europawahl 2019

 

»Wer 30 Liter Sprit in seinen Kleinwagen füllt, zahlt mehr Steuern und Abgaben als die KLM
für das Volltanken einer Boeing 747 mit 219.000 Litern Kerosin.«

Die niederländische Partei D66 über die skandalöse Bevorzugung des Flugverkehrs.

 

Kerosin und Auslandsflüge sind auch in Deutschland umsatzsteuerfrei.

 

Daher: Unterzeichnen Sie die Petition zur Steuersenkung bei Bahnreisen: change.org/19auf7


Bundestag für mehr Kooperation bei Nachtzügen

In der Nacht vom 22. auf den 23. Juni 2017 debattierte der Deutsche Bundestag über drei Anträge zu Nachtzügen. Nachdem die Linke bereits im März 2016 einen Antrag »Die Nachtzüge retten – Klimaverträglichen Fernreiseverkehr auch in Zukunft ermöglichen« eingebracht hatte, zu dem es im Februar 2017 eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur gegeben hatte, zogen im Mai die Koalitionsparteien (»Kooperationsmodelle im Nachtzugverkehr stärken«) und Bündnis 90/Die Grünen (»Nachtzugverkehr als Teil moderner und klimafreundlicher Mobilität ausbauen – Zehn-Punkte-Plan für ein europäisches Nachtzugnetz«) nach.

Wie bei den Mehrheitsverhältnissen nicht anders zu erwarten, wurden der Koalitonsantrag angenommen und die Anträge der Opposition abgelehnt. Somit ist beschlossen:

 

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. als Vertreter des Bundes gegenüber dem Vorstand der DB AG anzuregen, dass die bisherigen Kooperationen auch in den kommenden Jahren aufrechterhalten werden und eine regelmäßige .berprüfung zur Ausweitung der Streckenangebote gerade im grenzüberschreitenden Nacht- und Autoreisezugverkehr auch in kooperativer Zusammenarbeit mit anderen Bahnunternehmen erfolgt;

2. sicherzustellen, dass den potentiellen Betreibern neuer Nachtzugstrecken weiterhin ein gesetzlich vorgeschriebener fairer und diskriminierungsfreier Zugang zur Schieneninfrastruktur ermöglicht wird;

3. sich auf EU-Ebene für Rahmenbedingungen einzusetzen, die bestehende administrative, technische und wettbewerbliche Hemmnisse eines grenzüberschreitenden Schienenpersonenverkehrs abbauen, damit auch der Nachtzugverkehr profitiert;

4. gegenüber dem Vorstand der DB AG anzuregen, dass auch weiterhin nicht mehr benötigtes Rollmaterial der DB AG über europaweite Ausschreibungen anderen Nacht- bzw. Autozugbetreibern angeboten wird;

5. sich dafür einzusetzen, dass im Nachtzugverkehr ein einheitliches Buchungssystem geschaffen wird, welches Fahrkarten der jeweiligen Länder integriert;

6. gegenüber dem Vorstand der DB AG dafür einzutreten, dass die Beschäftigten der DB-Tochterfirma DB European Railservice GmbH sozialverträglich in alternative Beschäftigungsbereiche innerhalb der DB AG und an andere Nachtzugbetreiber weitervermittelt werden;

7. einmal je Legislaturperiode dem Deutschen Bundestag einen Bericht vorzulegen, der die Entwicklung des Nachtreiseverkehrs auf der Schiene bewertet und dabei die preisliche Entwicklung und die Entwicklung der Kundenzahlen aller Nachtzugbetreiber und die intermodalen Wettbewerbsbedingungen beinhaltet.

 

 

Das Protokoll der Debatte steht hier zum Download zur Verfügung (Seiten 190 bis 195 des pdf-Dokuments bzw. fortlaufende Seitenzahlen 24.656 bis 24.661). Hier auf dieser Seite finden Sie einen Auszug zum Download. 

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Protokoll Bundestag 18-240 Auszug.pdf
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Neue Nachtzugstudie im Auftrag des EU-Parlaments

Im Auftrag des Transportausschusses des Europäischen Parlaments ist eine neue Studie zu europäischen Nachtzügen entstanden. Sie ist auf Englisch erhältlich – sowohl auf dieser Seite als auch auf der Website des Ausschusses. Die Präsentation mit Debatte können Sie hier im Videostream anschauen; sie beginnt bei etwa 1:15 Stunden des Videos. 

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Night Train Study TRAN 2017.pdf
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Lückenhafter Kenntnisstand bei der EU-Kommission

Der Hamburger EU-Abgeordnete Fabio de Masi (GUE/NGL-Fraktion) hat die EU-Kommissarin Violeta Bulc nach dem Kenntnisstand der EU-Kommission zu Nachtzügen in Europa gefragt. Die Antwort ist kurz, nennt aber immerhin einige Ansatzpunkte für Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen für Nachtzüge.

Zum Vergleich: Zuschüsse bzw. Subventionen für Flugverkehr (in Form von subventionierten Regionalflughäfen, Verzicht auf Umsatzsteuer, Verzicht auf Kerosinsteuer, Verzicht auf Energiesteuer) und Autoverkehr (Verzicht auf kostendeckende Gebühren [flächendeckende Maut] und Steuern) gibt es wie Sand am Meer bzw. Stickoxide in der Luft ...

 

(Hinweis: die zum Download angebotene pdf-Datei wurde aus drei Dokumenten des EU-Parlaments bzw. der EU-Kommission zusammengestellt.)

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EU-Parlament Frage und Antwort 226350.pd
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Einige Monate zuvor hatten unsere dänischen Freunde die EU-Kommission nach der Situation der Nachtzüge gefragt. Hier sind die deutschen und englischen amtlichen Übersetzungen der auf Dänisch verfassten Antwort der EU-Kommission.

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Kommissarin Bulc 1115555-4_DE.pdf
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Kommissarin Bulc 1115555-4_EN.pdf
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Anhörung im Verkehrsausschuss – 15. Februar 2017

Der Bundestagsausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat am 15. Februar 2017 vier Sachverständige zum Thema Nacht- und Autozüge angehört: Kurt Bauer (Leiter ÖBB Fernverkehr), Marco Bellmann (TU Dresden), Joachim Holstein (Betriebsrat DB European Railservice), Berthold Huber (Vorstand Verkehr und Transport DB AG). Den Antrag, die vier Stellungnahmen und das Protokoll finden Sie auf der Website des Ausschusses zum Download, den Antrag und das Protokoll auch direkt unter diesem Text.

 

Bei dieser Gelegenheit haben wir auch die letzten 8.000 der insgesamt rund 37.000 Unterschriften unter die Petition zur Rettung der Nacht- und Autozüge an den Vorsitzenden des Ausschusses Martin Burkert übergeben. Die ersten 29.000 Unterschriften hatten wir bereits am 31. Mai 2016 eingereicht.

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Antrag 18-7904.pdf
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Protokoll Anhörung 2017-02-15.pdf
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Die offizielle Presseinformation des Bundestages finden Sie hier, allerdings verdient sie zwei Richtigstellungen:

1. Den bisher auf den Nachtzügen Beschäftigten der DB ERS ist bisher weder von den ÖBB noch von ihrem Subunternehmer Newrest Wagons-Lits Austria GmbH eine »Übernahme« angeboten worden. Vielmehr wurden sie eingeladen, sich für – auf zwei Jahre befristete – Stellen zu den Bedingungen eines Kollektivvertrages (Tarifvertrages) zu bewerben, dessen Struktur aus niedrigem Grundlohn (rund 7 Euro pro Stunde) und hohen, in Österreich abgabenfreien Zuschlägen nur unter den Bedingungen des österreichischen Sozialversicherungs- und Steuersystems tragbar ist.

 

2. DB Fernverkehr hat keine »Angebote gemacht«, sondern verlangt von langjährigen Zugchefs, Zugführern, Schaffnern und Servicemitarbeitern, sich auf vergleichbare und auf schlechter eingruppierte Stellen neu zu bewerben, wobei grundsätzlich unklar ist, ob Qualifikationen und Dienstjahre anerkannt werden.


Bundesrat fordert Schienenfernverkehrsgesetz

Am 10. Februar 2017 beschloss der Bundesrat den Entwurf eines »Gesetzes zur Gestaltung des Schienenpersonenfernverkehrs«, das seit 1994 in Artikel 87e Absatz 4 Grundgesetz steht.

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Bundesrat 745-16 Beschluss.pdf
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Die falschen Zahlen der Deutschen Bahn

»Stuttgarter Nachrichten«: Fahrgastzuwachs und Defizitabbau bei Nachtzügen 2016

Exakt eine Woche nach Einstellung der DB-Nachtzüge enthüllten die Stuttgarter Nachrichten:

Der Nachtzugverkehr ist kein so schlechtes und aussichtsloses Geschäft, wie die Deutsche Bahn AG über Jahre hinweg behauptet hat. Das zeigen vertrauliche Geschäftszahlen der DB Fernverkehr AG, die unserer Zeitung vorliegen. Nachfrage und Ergebnisse im Nachtzugverkehr haben sich demnach in diesem Jahr deutlich verbessert. Der operative Verlust vor Zinsen und Steuern (EBIT) ist der internen Einschätzung zufolge um ein ganzes Drittel auf 20 Millionen Euro gesunken.

Das vertrauliche „Nachtzugmonitoring“ des Staatskonzerns vom 2. Dezember ist bemerkenswert, weil es dokumentiert, dass viele Reisende die nächtlichen Angebote schätzen und verstärkt buchen.

...

Das 16-seitige DB-Papier zeigt, welches Potenzial im Nachtzugverkehr besteht. Es seien Ertragsverbesserungen „in allen Teilnetzen zu verzeichnen“, schreiben die Experten der DB Fernverkehr AG. Allein bis September verbesserte sich das EBIT um 5,9 Millionen Euro, so dass bei 69 Millionen Euro Umsatz und 82,5 Millionen Kosten noch ein Verlust von 13,5 Millionen Euro unterm Strich stand. 

Besonders auf den Linien Köln-Warschau/Prag (Netz C) sowie Hamburg/Amsterdam - Zürich/München (Netz A) sanken die Verluste deutlich. Der Konzern begründet das mit steigenden Erlösen, höherer Nachfrage und geringeren Vertriebskosten.

...

Für den Bahnexperten der Grünen im Bundestag, Matthias Gastel, zeigt die interne Analyse des Staatskonzerns, „dass sich Nachtzüge besser betreiben lassen als es die Deutsche Bahn zuletzt gemacht hat“. Die DB habe jedoch kein Interesse an diesem Marktsegment. Die Angebote seien „ohne Ehrgeiz organisiert“ worden. „Jetzt haben wir einmal mehr den Beleg dafür, dass es kein Nachfrageproblem gibt – ganz im Gegenteil“, so Gastel. „Dieses Stück der Reisekultur im DB-Konzern hätte nicht sterben müssen.“

Der Abgeordnete fährt selbst zwischen Stuttgart und Berlin seit Jahren Nachtzug und hat sich mit Verve für den Erhalt der Verbindungen eingesetzt. Gastel sieht gute Perspektiven für den Nachtverkehr. Die Wirtschaftlichkeit werde sich deutlich verbessern, weil das neue Trassenpreis-System dem Nachtverkehr erhebliche Kostenvorteile verschaffe. Teilweise halbiere sich der Preis sogar, denen Bahnen für jede Nutzung von Gleisen und Bahnhöfen zahlen müssen. Das werde den Nachtzugverkehr mit Schlaf- und Liegewagen stärken.

 

Soweit die Stuttgarter Nachrichten. Was jeder Fahrgast und jeder Zugbegleiter auf den Nachtzügen erleben konnte, ist jetzt »von oben« bestätigt worden: Die Nachfrage ist da. Wenn ein einziger Sitzwagen in der Kursgruppe ist, ist er voll. Wenn man zwei weitere Sitzwagen dranhängt, sind alle drei voll. Dasselbe bei den Schlaf- und Liegewagen.

 

Die Führungsspitze der DB AG wird jetzt einige Fragen zu beantworten haben:

- Warum hat die DB gegenüber den Medien auch noch im Dezember 2016 von »gesunkener Nachfrage« gesprochen, wenn man genau wusste, dass die Nachfrage um fast 20 Prozent gestiegen war?

- Warum wollte die DB der Öffentlichkeit weismachen, Nachtzüge seien wirtschaftlich auf einem nicht umkehrbaren Weg in immer größere Verluste, wenn diese Verluste seit 2014 halbiert werden konnten und 2018 bei dann stark reduzierten Trassenpreisen die »schwarze Null« winkt?

 

Wir sind gespannt ...


10. Dezember 2016 – 20:30 Uhr – Berlin Hbf Südseite – Demo gegen Nachtzug-Aus

mit Sandra Maischberger und anderen Unterstützern

Die Berliner Zeitung hat Sandra Maischberger interviewt:

 

Schlaf- und Liegewagen wird es bei der Deutschen Bahn (DB) nicht mehr geben. Ein prominenter Fahrgast bedauert das: Sandra Maischberger, Journalistin und Talkshow-Moderatorin.

 

Am 10. Dezember wird im Berliner Hauptbahnhof demonstriert, weil die DB ihre letzten Nachtzüge einstellt. Werden Sie mitdemonstrieren?

 

Früher habe ich häufig demonstriert, jetzt kaum noch, weil ich mich als Moderatorin eines politischen Talks mit politischen Festlegungen zurückhalte. Doch bei diesem Thema mache ich eine Ausnahme. So, wie es aussieht, werde ich auf dem Bahnsteig dabei sein.

 

Warum?

 

Weil ich selbst betroffen bin. Seit meiner Jugend verreise ich regelmäßig mit dem Nachtzug. Über Nacht bin ich quer durch Europa gereist, nach Paris, Rom, Hamburg. Als Interrailerin konnte ich mir nur einen Platz im Sechser-Abteil eines Liegewagens leisten. Heute fahre ich Schlafwagen, mit meiner Familie auf dem Weg in den Skiurlaub oder im Einzelabteil, wenn ich für die Arbeit unterwegs bin. Nach der Talkshow in Köln steige ich gerne in den Nachtzug und komme morgens ausgeruht in Berlin an – rechtzeitig, um mit meiner Familie zu frühstücken und meinen Sohn zur Schule zu bringen. Dieser Zug fährt am 9. Dezember zum letzten Mal. Das verstehe ich nicht.

...

Wann immer ich Nachtzüge nutze, sind sie voll – mit Touristen aus dem Ausland, Familien, vielen Einzelreisenden. Mir oder meinem Büro gelingt es längst nicht immer, einen Platz zu reservieren. In 50 Prozent der Fälle musste ich andere Verkehrsmittel nutzen, weil die Schlafwagenplätze ausgebucht waren und es kein Abteil mehr gab. Angesichts dieser Auslastung ist mir schleierhaft, warum die DB diese Züge nicht wirtschaftlich betreiben kann.

 

Das ganze Interview gibt es hier.

 

Die darauf basierende dpa-Meldung wurde bundesweit von vielen Medien übernommen. Sandra Maischberger war danach auch bei ihrem Heimatsender zu Gast – leider ist kein podcast verfügbar.

 

Der letzte Nachtzug der DB verlässt Berlin Hbf am 10. Dezember 2016 um 21:50 Uhr, planmäßig von Gleis 4 im Tiefbahnhof. Die Verabschiedung »mit Pauken und Trompeten« beginnt um 20:30 Uhr im Erdgeschoss des Hbf, auf der zum Kanzleramt und Bundestag gelegenen Südseite. Anmeldungen für unseren Newsletter auf der Seite Kontakt.


Liebe Lilia, Du und Dein Papa, ihr versteht von der Eisenbahn viel mehr als die Chefs von der Bahn. Die sagen nämlich, man könnte nachts auch mit dem kleinen ICE fahren, und das wäre ganz toll. Schau mal, was ein Mann aus Schweden dazu geschrieben hat:

 

Ich bin vorgestern mit einem der Nacht-ICE von Frankfurt nach Hamburg gefahren (von 00:55 bis 05:54), zum einen um eine zusätzliche Hotelübernachtung zu sparen (man kommt an einem Tag von Frankfurt nach Göteborg oder Stockholm, aber nicht in meine Heimat Västerås), zum anderen um in der aktuellen Debatte mitreden zu können. 
Um mit dem Positiven anzufangen, sind die Sitze im ICE zumindest so hoch, dass man auch als hochgewachsener Mensch noch den Kopf anlegen kann. Mit einem Kissen um den Hals und ein bisschen Erfahrung von Nachtflügen in der Economy-Klasse (die ich beide nicht hatte, aber einige meiner Mitpassagiere) sollte es also durchaus möglich sein, den Umständen entsprechend zu schlafen – wenn da nicht die Bahn einen Strich durch die Rechnung machen würde. Da es sich bei dem Zug um einen völlig normalen ICE handelt, sind also auch die Lampen in der Kabine auf voller Stufe erleuchtet. Weiße LED-lampen sind sehr kalt und enthalten genug blaues Licht, um einen immer wieder aufzuwecken, zudem sind sie so grell, dass man auf jeden Fall die Augen zukneifen muss und nicht einfach ins Leere starren kann. Doch selbst wenn man durch eine Augenklappe das Licht ausblenden kann, muss man sich immer noch die Ansagen in voller Lautstärke anhören. Das waren sehr viele Stationen (mehr als bei den Zügen am Tag) und jedes mal drei oder vier Ansagen (nächste Station, Ausstieg in Fahrtrichtung rechts, Anschlüsse, Willkommen im ICE). 

Mit anderen Worten hat die Bahn alles in ihrer Macht Stehende unternommen, um mich vom Schlafen abzuhalten. Ich bin im Prinzip ohne Schlaf (mit vielleicht ein paar Minuten "Schlummern") in Hamburg angekommen und war völlig gerädert, als ich endlich Kopenhagen und Malmö erreichte. Durch die Passkontrollen bei der Einreise nach Schweden muss man am Flughafen Kopenhagen umsteigen und verpasst dadurch den X2000 Schnellzug in Richtung Stockholm. Als ich also am Ende meine Kräfte in Malmö versuchte, eine Verbindung nach Hause zu finden, die keine zwei Stunden Wartezeit auf dem Bahnhof mit absichtlich unbequemen Sitzbänken und ohne Erste-Klasse-Lounge (die es in Schweden nur noch in Göteborg und Stockholm gibt) beinhaltete, habe ich mir dann doch ein Hotel genommen und bin sofort eingeschlafen. Ich hätte mir den ganzen Zirkus also auch sparen können. 

Nacht-ICE? Nie mehr! 


»Ich habe nichts gegen Nachtzüge, aber ...«

Gespenstische Töne aus den Regierungsparteien zum Thema Nachtzüge

 

Für den 7. Juli 2016 war die Debatte über den Antrag der Linkspartei zur Rettung der Nacht- und Autozüge angesetzt. Wie einige andere Themen fiel diese Debatte dem Zeitdruck so kurz vor der Sommerpause und während der Fußball-EM zum Opfer – das versteht man doch, das hat Tradition: siehe Bericht eins, zwei und drei.

Die Reden zum Tagesordnungspunkt konnten nur zu Protokoll gegeben werden – und der Abgeordnete Michael Donth (CDU), dessen Fraktion Zeitpunkt und Absetzung der Debatte maßgeblich zu verdanken ist, nutzt das, um schon mal Stimmung zu machen:

 

Und als ich ihm [dem 15-jährigen Sohn] dann noch sagte, dass die Debatte um 21 Uhr stattfinden wird, während Deutschland gegen Frankreich im Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft spielt, war er entsetzt und meinte: Die spinnen wohl. – Da habe ich ihm natürlich heftigst widersprochen.    

 

Und dann werden vom CDU-Vertreter und der CSU-Vertreterin die altbekannten Legenden des DB-Vorstandes wiedergekäut, als ob dieser Vorstand gegenüber dem Bundestagsausschuss niemals zugegeben hätte, dass die Züge gut gebucht sind, und als ob die angeblichen Verluste reale und nicht etwa buchhalterische Verluste im Verschiebebahnhof zwischen diversen Konzernunternehmen wären.

 

Die Nachtzüge sind proppenvoll (siehe weiter unten; übrigens sind auch die Autozüge bis unters Dach ausgebucht – die Kundschaft lässt sich einfach nicht davon abbringen, mit dem Zug fahren zu wollen!), die Fahrgäste fragen sich, wie sie ohne Nachtzüge überhaupt von einem Geschäftstermin abends in München zu ihrem nächsten Termin am folgenden Vormittag in Hamburg kommen sollen – und werden als »nostalgische Nachtzugfans« abqualifiziert. Wenn Michael Donth dann meint, dass ein Unternehmen kein Geld »zum Fenster herauswerfen« darf und keine »unrentablen Produkte« betrieben darf, dann wird er ab jetzt sicherlich für den Stopp des Milliardengrabs »Stuttgart 21« eintreten und die Stilllegung der meisten Regionalflughäfen fordern. Oder?

Daniela Ludwig von der CSU hatte Glück, dass die Debatte ausfiel. Auf ihre polemische Frage 

 

Wie viele von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, haben denn in den letzten Jahre noch Nachtzüge genutzt, um aus dem Wahlkreis zur Sitzungswoche in Berlin zu kommen oder um einen gemeinsamen Urlaub mit der Familie zu verbringen?

 

wäre ihr wahrscheinlich nicht nur wütender Protest der angesprochenen Linken-Abgeordneten um die Ohren geflogen, sondern auch ein Matthias Gastel (Bündnis 90/Grüne) hätte sicherlich zum wiederholten Male darauf hingewiesen, dass er vorzugsweise per Nachtzug anreist, aber leider oft keinen Platz bekommt, weil der Zug nämlich ausgebucht ist:

 

Samstag, 22. Februar 2014 (Berlin-Stuttgart)

Nachdem – nicht zum ersten Mal – kein Ticket mehr für den Nachtzug zu bekommen war, musste ich eine Nacht länger in Berlin verbringen. Dafür nahm ich den Zug um 05.31 Uhr in der Frühe. Für die kurze Nacht wurde ich mit freien Sitzplätzen und Pünktlichkeit des Zuges entschädigt. Vielleicht sollte die DB einmal darüber nachdenken, die Angebote des CityNightLiner auszuweiten?

 

Und hat nicht die Deutsche Bahn in den letzten Jahren gerade die Nachtzüge in die Urlaubsgebiete gestrichen? Venedig, Rimini, Klagenfurt, Bozen, Meran, Innsbruck, Bludenz, Oberstdorf, Chur, Brig, Modane, Paris, Stockholm, Oslo, Balaton, die ligurische Küste, dazu Autozüge nach Fréjus, Narbonne, Avignon, Biarritz, Nantes, Livorno, Alessandria, Verona, Bozen, Trieste, Rijeka, Villach, Innsbruck, Salzburg, Westerland: alle gestrichen.

 

Die zu Protokoll gegebenen Reden finden Sie hier zum Download: 

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Reden zum Nachtzug-Antrag.pdf
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Seite 18126 sowie Seiten 18150 bis 18154
Bundestag zu Nachtzügen 20160707.pdf
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Einige Nachtzugnutzer haben sich daraufhin an die Abgeordneten gewandt. Michael Donth bemühte sich daraufhin um eine Klarstellung:

 

Sodann möchte ich bekräftigen, dass ich nichts gegen Nachtzüge habe und sie auch nicht verhindern will. Im Gegenteil, ich freue mich, wenn andere Anbieter das Angebot für den Nachtzug auf dem deutschen Markt machen, das die Deutsche Bahn offensichtlich nicht machen kann. Mit der Liberalisierung des Schienennetzes haben wir das ja gerade ermöglicht und gewollt, dass Wettbewerb auf der Schiene stattfinden kann. Die ÖBB ist gerade dabei, einige Nachtzugstrecken zu übernehmen, und wenn es gelingt, das LunaLiner-Konzept umzusetzen, wären wir alle glücklich.

 

So kann man es auch sehen. Halten wir also fest: der bei der CDU für das Thema Nachtzug zuständige Abgeordnete Michael Donth würde es begrüßen, wenn das Konzept »LunaLiner« umgesetzt wird.


Sitzplätze statt Schlafplätze

Ein Fundstück aus dem Nachtzug von Zürich nach Hamburg.

 

Da ist also eine Konfirmandengruppe aus der Schweiz auf Gemeinschaftsfahrt ins nordfriesische Wattenmeer. Man bucht »sehr sehr früh«, aber trotzdem sind schon so viele Plätze in den Schlaf- und Liegewagen belegt, dass elf Jugendliche die Nacht im Sitzwagen verbringen müssen.

 

Als Entschädigung wird ihnen ein in der Schweiz »Sackgeld« genanntes Taschengeld versprochen – und dass sie auf der Hallig den Weg zum Ferienhaus mit dem Rad zurücklegen dürfen.

 

Wir hoffen, dass wenigstens auf der Rückfahrt alle einen Schlafplatz im Zug bekommen haben!

 

Wie war das nochmal mit der mangelnden Nachfrage, liebe Vertreter/innen christlicher Parteien? Und wie war das mit dem Gebot, kein falsch Zeugnis zu reden? 


Tagtäglich, Nacht für Nacht demonstrieren DB und ÖBB, was bei vernünftiger Kooperation im Nachtzugbereich alles möglich ist: eine Lok der ÖBB steht in Hamburg-Altona vor dem DB-Sitzwagen des IC 60491 Hamburg-Nürnberg. Dahinter folgen die ÖBB-Wagen des EN 491 Hamburg-Wien. Mit dabei: im Sommer zwei bzw. im Winter ein Autotransportwagen für die Strecke Hamburg-Wien.

Der Gegenzug im neuen Wiener Hauptbahnhof. Das Bild stammt aus dem Winter, daher hängt nur ein Autotransportwagen dran. Der DB-Sitzwagen wird zwischen Nürnberg und Wien und zurück leer mitgeführt, um das Rangieren in Nürnberg zu sparen.


Bahnchef kündigt neues Nachtzugkonzept an

Auf die Frage der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, ob die DB die Nachtzüge wirklich abschaffen wolle, verwies Rüdiger Grube nicht etwa auf das im Dezember 2015 beschlossene Konzept (die DB fährt nur noch ICE, IC und Busse, die ÖBB übernehmen einige Nachtzüge), sondern erklärte:

 

Wir bemühen uns aber, noch in diesem Jahr ein Konzept vorzulegen, mit dem es auch künftig in Deutschland Nachtzugverkehr geben wird. Lassen Sie sich überraschen!

 

Denn man tau, Herr Grube! Wir nehmen Sie beim Wort!

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2016-06-10 Grube FAZ Nachtzüge.pdf
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Alle Wege führen nach Rom – nur nicht bei der DB

fährt täglich, 29. Aug bis 11. Okt 2016 Mi - So; nicht 16. Jul, 1., 2., 8., 9. Aug

täglich, nicht 16. Jul, 1., 2. Aug, 6. Aug bis 30. Okt 2016

nicht täglich, 6. Aug bis 30. Okt 2016 Mi - So; auch 15. bis 23. Aug 2016, 17. bis 25. Okt 2016

 

Ob Sie es glauben oder nicht: Das sind die Angaben, die die DB zu den Abfahrtstagen ein und desselben Zuges macht: des CNL 485 von München nach Rom.

Wenn Sie sich selbst überzeugen wollen (ja, auch die mitlesenden Führungskräfte aus dem Bahntower sind eingeladen): Gehen Sie auf www.bahn.de, suchen Sie die Verbindung München-Rom, wählen Sie als Abfahrtszeit 21 Uhr und schauen Sie, was für die umsteigefreie Verbindung mit CNL 485 (München ab: 21:08 Uhr, Roma Termini an: 09:22 Uhr) angezeigt wird

Erstens, wenn Sie »Details einblenden« anklicken.

Zweitens, wenn Sie dann auf »CNL 485« klicken.

Drittens, wenn Sie dann auf den Abfahrtsbahnhof München Hbf klicken und ein Datum wie beispielsweise den 18.08.2016 auswählen. 

 

Möchten Sie womöglich auch zurück? Dann wünscht die DB viel Erfolg: CNL 484 wird folgendermaßen angezeigt:

 

fährt täglich, nicht 16. Jul, 29. bis 31. Jul 2016, 5. Aug bis 29. Okt 2016

oder auch so:

nicht täglich, 10. Aug bis 27. Okt 2016 Mi, Do; auch 8. bis 23. Aug 2016, 29., 30. Aug, 5., 6. Sep, 14. bis 29. Okt 2016

 

Zwölf Wochen lang kein Zug zwischen München und Rom und zurück? Was ist denn da los? Und was erzählt die DB an den Tagen, an denen gemäß der roten und der blauen Angaben doch ein Zug von Nord nach Süd fahren soll? Da gibt es dann tatsächlich eine Ansage:

Ah – eine Baustelle!

Deswegen fährt also der Zug, aber man kann ihn nicht buchen! (Vielleicht, weil er mit Reisenden zu schwer für die Baustelle ist und sie nur ohne Reisende passieren darf?)

Aber halt: an anderer Stelle behauptet die Bahn doch, der Zug fahre überhaupt nicht!

Ja was denn nun?

Die Bahn weiß es selber nicht. Schauen Sie mal hier:

Das ist der offizielle Social-Media-Kanal der DB. Und obwohl die DB seit mehreren Wochen auf ihren »Geisterzug« hingewiesen wird, hat sie immer noch keine vernünftige Antwort parat:

Leider kann ich Ihnen diese Frage auch nicht mit Sicherheit beantworten. Ich vermute mal, dass der Zug nicht ausfallen wird, aber genaues können wir erst dann einspielen, wenn uns die endgültigen Fahrplandaten vorliegen.

Baustellen sind üblicherweise im Jahresfahrplan eingearbeitet. Dann weiß man schon mehrere Monate vorher, in welchen Nächten der Zug über Villach umgeleitet wird. Bei kurzfristigen Baustellen – siehe Schotteraustausch zwischen Hannover und Kassel im April/Mai 2016 – wird schnell informiert und ein Ersatzfahrplan bekanntgegeben. Und bei Tageszügen (»jede Stunde, jede Klasse«) ist es sowieso kein Problem, wenn die Fahrtzeiten mal ein wenig abweichen oder man einen Zug früher oder später nimmt.

Aber bei einem Nachtzug? Beim einzigen Direktzug nach Rom?

Was ist denn die Konsequenz, wenn der Kunde seit Wochen hingehalten wird und nicht weiß, ob und wann ein Zug fährt und wann er einen angeblich fahrenden Zug buchen kann?

Er geht zur Konkurrenz.

Ist es das, was das Bahnmanagement will?

Will das Bahnmanagement mehr Kunden und mehr Umsatz – oder will da jemand die Kunden mit allen Mitteln aus den Nachtzügen raushaben?

Weiter unten finden Sie den Eindruck des Reisebüro-Inhabers Siegfried Klausmann, wie er in der FAZ-Sonntagszeitung wiedergegeben wurde. Aktuelle Einschätzungen des Bahnmanagements finden Sie auch im Manager-Magazin vom März 2016 (»Signal auf Rot«) und im SPIEGEL vom 11. Juni 2016 (»High Noon im Bahntower«).

 

Aber die Geschichte ist hier noch nicht zu Ende. Denn es gibt auch an den Tagen, an denen angeblich kein CNL 484 von Rom nach München, laut www. bahn.de einen EN 484 – allerdings nur von Bologna bis Kufstein:

Lässt man sich die Verkehrstage anzeigen, sieht man dieses hier:

Also zum Mitschreiben:

Da fährt normalerweise täglich um 19:04 Uhr in Rom ein Zug nach Wien und München ab, der laut DB an diversen Tagen nur aus dem Zugteil nach Wien besteht. An diesen Tagen warten angeblich die Schlaf-, Liege- und Sitzwagen in Bologna und fahren zu den üblichen Zeiten über den Brenner. Und dann soll dieser Nachtzug in Kufstein enden und die Gäste sechs Minuten später mit einer Privatbahn nach München weiterfahren?

 

Wo ist denn da die Baustelle, deretwegen die Bahn die Fahrzeiten angeblich nicht kennt?

 

Liebe Frau Bohle – Sie sind als Vorstandsvorsitzende von DB Fernverkehr und vormalige Vertriebschefin von DB Fernverkehr in jeder Hinsicht verantwortlich. Können Sie den Kunden diesen Auftritt erklären?

 

Update Ende 2016: Die DB vermeldete für den Zeitraum Januar bis September 2016 im Vergleich zu 2015 im Italienverkehr einen Rückgang von 15 Prozent (Schlaf- und Liegewagen um 6 %; Sitzwagen um 31 %) – kein Wunder, wenn man nicht buchen kann.

 

Und auch der Bayerische Rundfunk meldet Buchungsprobleme.


31. Mai: Übergabe der Petition zur Rettung der Nacht- und Autozüge

28.882 Unterschriften (Stand: 31. Mai 2016, 12:15 Uhr) wurden an Martin Burkert, den Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur, und Annette Sawade, Mitglied dieses Ausschusses und des Petitionsausschusses, übergeben.

Die Petition läuft weiter, da ab 50.000 Unterstützern der Petitionsausschuss den Initiatoren Gelegenheit gibt, das Anliegen im Ausschuss persönlich vorzutragen. MdB Annette Sawade stellte in Aussicht, dass der Ausschuss uns auch schon vor Erreichen dieser Zahl einlädt.

Zusammen mit den Initiatoren nahm auch MdEP Michael Cramer, Vorsitzender des Transportausschusses, an der Übergabe teil.

 

Ein großes Dankeschön an alle Unterstützerinnen und Unterstützer!

Berichterstattung vor der Übergabe: ZEIT OnlineSPIEGEL Online, Frankfurter RundschauDeutschlandradio, n-tv, Heilbronner Stimme.

Beitrag bei Deutschlandradio von Minute 17:58 bis 22:20

Zwischen Übergabe der Petition und Pressekonferenz: Begrüßung durch Abgeordnete der Linken. Am 2. Juni 2016 wird ihr Antrag zur Rettung der Nachtzüge im Bundestag behandelt.

 

Pressekonferenz Bündnis »Bahn für alle« am Dienstag, 31. Mai in Berlin

 

Pressemitteilung Bündnis "Bahn für Alle" am Dienstag, 31. Mai

+ Breites Bündnis präsentiert innovatives Nachtzugnetz „LunaLiner“
+ Protest gegen DB-Pläne, Nachtzüge abzuschaffen


Das Bündnis „Bahn für Alle“ hat heute in Berlin auf einer Pressekonferenz das innovative Nachtzugnetz „LunaLiner“ und das Sonderheft „STOPPT das Nachtzug-AUS!“ präsentiert. Zuvor übergaben Aktive des Netzwerkes für den Erhalt Nachtzüge „Back on Track“ dem Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr des Deutschen Bundestages, Martin Burkert (SPD) 28.882 Unterschriften für den Erhalt der Nachtzüge.

Die Deutsche Bahn AG hält an ihrem Beschluss fest, im Dezember die letzten von ihr betriebenen Nachtzüge zu streichen. Das hatte DB-Vorstandsmitglied Ronald Pofalla im Sonderzug der DB zum Klimagipfel nach Paris erklärt. Dagegen gibt es vielstimmigen Widerspruch in Deutschland und Europa aus den Parlamenten, aus den Gewerkschaften, von Fahrgast- und Verbraucherverbänden, Umwelt- und Klimaschützer_innen.

Claus Weselsky, Bundesvorsitzender Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL):
»Jahrelanger Raubbau am Eisenbahnsystem gefährdet bereits heute dessen Bestand. Von einer angeblichen Ertüchtigung für die Zukunft lassen wir uns nicht täuschen, denn das Kerngeschäft wird zur schönsten Nebensache der Welt, wenn mit LKW und Bussen besser Geld verdient werden kann. Weil Sanierung nur Gewinnoptimierung heißt und die Infrastruktur dabei weiter geschrumpft wird. Das ist eindeutig gegen die Interessen der Bahnkunden und des Zugpersonals.«

Michael Cramer, Mitglied des Europäischen Parlaments für Bündnis 90/Die Grünen und Vorsitzender des Verkehrsausschusses:
»Ein Viertel der Treibhausgas-Emissionen kommt aus dem Verkehr. Verkehr ist der einzige Sektor, in dem die Emissionen gestiegen sind – um 22 Prozent – während die Emissionen aus der Industrie um 38 Prozent sanken. Ohne eine Änderung unserer Mobilität werden wir das Klima nicht schützen können. Eine europäische Verkehrswende ist überfällig, und die Nachtzüge sind dabei unverzichtbar.«

Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag:
»Es gab und gibt keine demokratische Legitimation, ein so wichtiges Element aus dem Bahnverkehr zu reißen. Ein Fernverkehrskonzept ohne Nachtzüge verschläft die Zukunft!«

Joachim Holstein, Sprecher des Wirtschaftsausschusses der DB European Railservice:
»Auf der Schiene schreiben die Nachtzüge schwarze Zahlen - das Defizit entsteht im Bahntower. Die Reisenden nutzen gerne Nachtzüge - wenn man sie lässt. Nachtzüge sind bei den Gästen viel beliebter als beim DB-Management.«

Dieter Doege, Landesvorsitzender Fahrgastverband Pro Bahn Berlin/Brandenburg
»Erst die Vielfalt macht das Eisenbahnnetz stark. Dem Nachtreisenden ist die Zuverlässigkeit am wichtigsten. Es geht um ein attraktives Schlafwagenangebot mit vielen Direktverbindungen. Der Nachtzug ist das Hotel auf Rädern, denn bei Nachtzugreisen steigt nicht der Fahrgast, sondern sein Schlafwagen um.«


Das Sonderheft lunapark21 „STOPPT das Nachtzug-AUS!“ und die Nachtzugkarte „LunaLiner“ als Faltblatt erhalten Sie ab Ende der Woche im Bahnhofsbuchhandel und ab sofort im webshop der Grünen Liga:
http://www.grueneliga.de/verkehr-110.html

Die Nachtzugkarte ist online:
http://www.bahn-fuer-alle.de/media/images/2016-LunaLiner/LP21-Ex-12-13-LunaLiner-Faltblatt.pdf

Hintergrund:
http://www.bahn-fuer-alle.de/pages/bestandsaufnahme/lunaliner.php

Journalist_innen bestellen sich ein Rezensionsexemplar bitte bei:
foej@grueneliga.de

Kontakt „Bahn für Alle“:
Monika Lege, Robin Wood e.V. und Sprecherin Bündnis Bahn für Alle
Telefon 040 / 380 892 12, verkehr@robinwood.dehttp://www.bahn-fuer-alle.de

Dr. Bernhard Knierim, Netzwerk „Back on Track“ und Sprecher Bündnis Bahn für Alle

Telefon 0178/ 143 73 90, bernhard.knierim@bahn-fuer-alle.de
Dr. Winfried Wolf, Chefredakteur LunaPark21, Telefon 0172/296 99 70, ww@lunapark21.net

„Bahn für Alle“ setzt sich ein für eine bessere Bahn in öffentlicher Hand. Im Bündnis sind die folgenden 20 Organisationen aus Globalisierungskritik, Umweltschutz, politischen Jugendverbänden und Gewerkschaften vertreten: Attac, autofrei leben!, Bahn von unten, Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz BBU, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Gemeingut in BürgerInnenhand, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Grüne Jugend, GRÜNE LIGA, IG Metall, Jusos in der SPD, Linksjugend Solid, NaturFreunde Deutschlands, ProBahn Berlin-Brandenburg, ProBahn Hessen, ROBIN WOOD, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken, Umkehr, VCD Brandenburg und ver.di.

Medienberichte zur Übergabe der Petition und zur Vorstellung des Projekts »LunaLiner«

Tagesspiegel, Berlin – Berliner ZeitungBerliner Morgenpost – WELT - Wirtschaftswoche - FAZ (»Die Nachtzugretter«, leider nicht online)

Süddeutsche Zeitung 1Süddeutsche Zeitung 2Stuttgarter Zeitung – Stuttgarter Nachrichten 1Stuttgarter Nachrichten 2

Neues DeutschlandLübecker Nachrichtenn-tv – Umwelt-Kompass – Europe Online

Inforadio Berlin-Brandenburg 1 – Inforadio Berlin-Brandenburg 2 (Interview mit einem ehemaligen Nachtzugbegleiter)

Tages-Anzeiger (Zürich) – Der Bund (Bern)

 

Fotos von der Übergabe auf flickr

 

Sonderheft »STOPPT das Nachtzug-AUS!«: Titel, Inhalt, Editorial, Vorworte

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Die »Wirtschaftswoche« über den Umgang der DB mit Nachtzügen

Stattdessen hat die Bahn die Nachtzüge vergammeln lassen, sich keine Mühe gegeben mit einem einfachen Buchungssystem, die Marken CityNightLine und den damaligen InterCityNight nicht klar geführt und erzählt nun: Nachts fährt keiner.

Das ist so, als wenn ein Supermarkt ständig verschimmelte Erdbeeren anbietet, auf ihnen sitzen bleibt und am Ende beleidigt feststellt: "Erdbeeren sind offenbar out. Wir nehmen sie aus dem Sortiment."

Wirtschaftswoche


»Als würde man einen Veganer zum Chef einer Metzgerei machen«

Reisebüro-Inhaber Siegfried Klausmann über die Berufung der aktuellen Manager von DB Fernverkehr

Mit Grauen erinnert sich Klausmann an den Morgen im Jahr 2013, als er ausgeruht aus Freiburg kommend in Berlin an einer Tagung der Deutschen Bahn teilnahm. Als er von seiner Anreise mit dem Nachtzug erzählte, sei ein Raunen durch die Gruppe gegangen. Am erstauntesten sei die spätere Fernverkehrchefin des Unternehmens gewesen. „Ich fühlte mich wie eine Attraktion auf dem Jahrmarkt“, sagt Klausmann, „die waren überrascht, dass das überhaupt geht und dass es solche Leute wie mich gibt.“ Die DB-Verantwortlichen hätten keinen Bezug zu ihrem eigenen Produkt, kritisiert Klausmann. Es sei, als „würde man einen Veganer zum Chef einer Metzgerei machen.“ Es sei genau die bass erstaunte DB-Managerin gewesen, die wenig später das Aus für die Nachtzüge verkündet habe.

 

Ganzer Artikel: Nachtzug ins Nirgendwo, FAZ-Sonntagszeitung vom 8. Mai 2016, Autor: Christian Schwägerl.


Die DB testet »Entspannungswaggons« – aber nur tagsüber, nicht nachts

Die Leserschaft der »Hannoverschen Allgemeinen« rieb sich Mitte April verwundert die Augen:

 

In allen Regionalexpresszügen zwischen Norddeich und Hannover ist ein Doppelstockwagen zum Entspannungswaggon umgerüstet worden. In diesen Wagen, heißt es in einer DB-Mitteilung, wurden die „Geräuschkulisse, die eigens von Musikwissenschaftlern entwickelt wurde und im Zug nur sehr dezent wahrnehmbar ist, sowie das Lichtkonzept verändert“. Weniger Helligkeit solle für eine ruhigere Atmosphäre sorgen.

 

Da hat die DB  wirklich verstanden, was ihre Kundschaft möchte! Entspannt und ausgeruht ankommen! Sich entspannen wurde übrigens – siehe weiter unten auf dieser Website – von 36,3 % der Fernverkehrsreisenden als liebste »Beschäftigung« an Bord angegeben.

 

Wäre es nicht schön, auch nachts entspannen zu können? In einer privaten Kabine, alleine, zu zweit oder mit der ganzen Familie oder Gruppe? Und wäre es nicht schön, in dieser Zeit auch sein Ziel zu erreichen? »Diese Zeit gehört Dir« hat die DB ihre Werbekampagne getauft, aber dabei knutschende Pärchen und mit ihren Kindern spielende Eltern nur in Großraumwagen mit 60 Zuschauern abgebildet, nicht im Schlaf- oder Liegewagen.


Bayern hält Nachtzug-Kahlschlag für unvertretbar

Mehrere bayerische Politiker der regierenden CSU haben sich in den letzten Wochen für Nacht- und Autoreisezüge ausgesprochen.

 

Markus Ferber, Mitglied des Europaparlaments und Bezirksvorsitzender der CSU Schwaben, schrieb am 16.12.2015 an Bahnchef Grube zu den geplanten Streichungen (siehe auch unten beim Appell an den Aufsichtsrat):

 

Ich persönlich sehe diese Maßnahmen äußerst kritisch. Das Vorhaben der Deutschen Bahn, die Nachtverbindungen drastisch zu streichen, ist meines Erachtens umweltpolitisch und europapolitisch fragwürdig. Für viele Reisende bieten Nachtzüge eine bequeme und klimaverträglichere Alternative zu inneneuropäischen Flügen. Ohne Nachtzüge werden Reisende gezwungen, auf längeren Strecken einen zusätzlichen Tag und eine Hotelübernachtung in Kauf zu nehmen. Darüber hinaus könnte durch fehlende umsteigefreie Zugverbindungen der Wirtschafts- und Tourismusstandort Bayern an Attraktivität verlieren.

 

Am 07.01.2016 hat sich der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber zu Wort gemeldet:

 

Aus Sicht des Freistaats Bayern ist die Reduzierung bzw. Einstellung des Nacht- und Autoreisezugverkehrs nicht zu vertreten. Der Nachtreiseverkehr ist sowohl für den Geschäftsreiseverkehr zur Wahrnehmung früher Termine als auch für den touristischen Verkehr nach Bayern wichtig. Zudem ist eine Nutzung des umweltfreundlichen Schienenverkehrs auf Langstrecken besser möglich, wenn Teilstrecken über Nacht zurückgelegt werden können.

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Huber Erwin 2016-01-07.pdf
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Ferber Markus 2015-12-16.pdf
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DB: Nachfrage für »klassische Nachtzüge« steigt

Der bündnisgrüne MdB Matthias Gastel dokumentiert auf seiner Website eine aktuelle Verlautbarung des DB-Konzerns. Nachdem wortreich dargelegt wird, dass man nicht viel Geld verdienen kann, wenn man dem Kunden kein modernes Angebot macht, kommt ein Satz, bei dem man sich die Augen reibt:

 

Die Nachfrage für klassische Nachtzüge befindet sich auf konstant niedrigem Niveau mit leicht positiver Tendenz. 

 

Leicht positive Tendenz? Die Nachfrage steigt also? Es gibt jetzt mehr Nachtzugreisende als zuvor? Wie viele sind es denn? Da sagt die DB:

 

Die ca. 1,3 Mio. Reisenden pro Jahr repräsentieren nur ca. 1% der Gesamtzahl der Reisenden im Tageslinienverkehr.

 

Zunächst einmal: Die DB zählt hier offenbar immer noch nur die Reisenden mit Reservierung als Nachtzugreisende! Dabei hat sie doch schon im Januar 2015 im Bundestagsausschuss zugeben müssen, dass außerdem rund 1,2 Millionen Reisende ohne Reservierung Nachtzüge nutzen.

 

Und jetzt rechnen wir mal nach. Im Geschäftsbericht für 2014 (Seite 131 rechts unten) gibt die DB die Zahl der Reisenden im Fernverkehr mit 129,5 Millionen an. Davon machen 1,3 Millionen in der Tat rund 1 Prozent aus.

Aber im Geschäftsbericht steht noch eine zweite Zahl: diese 129,5 Millionen Reisenden legten insgesamt 36,102 Milliarden Kilometer in Fernverkehrszügen zurück, das heißt: die durchschnittliche Reiselänge betrug 279 km.

Die durchschnittliche Reiselänge der Nachtzugreisenden ist aber viel größer – 2012 waren es 670 km, das ist das 2,4-fache!

Das bedeutet, dass schon die 1 % Reisenden, von denen die DB spricht, 2,4 % der Beförderungsleistung darstellen. Die 1,2 Millionen »unterschlagenen« Reisenden in den reservierungsfreien Sitzwagen der Nachtzüge dürften im Durchschnitt genauso weit fahren wie die Kunden der übrigen Fernzüge, also addieren wir noch 1 % und kommen auf 3,4 % der Beförderungsleistung in den klassischen Nachtzügen.

 

Das sieht schon anders aus, oder? Auf 30 ICE-Kilometer kommt also ein Nachtzug-Kilometer. Gar nicht so wenig.

 

Die DB will in den nächsten Jahren 12 Milliarden Euro in den Fernverkehr investieren, »vor allem in neue Züge«.

 

Davon 3,4 % für den Nachtverkehr wären 400 Millionen Euro. Was könnte man davon an Schlaf- und Liegewagen kaufen! Und Bistros, und Fahrradtransportwagen, und und und ... und ein bisschen Geld für mehr und besser bezahltes Personal wäre auch noch da.


Mobilitätsforscher: Nachtzüge brauchen Zukunft – Die Zukunft braucht Nachtzüge

Stephan Rammler, Mobilitäts- und Zukunftsforscher an der HBK Braunschweig, verurteilt in einem Beitrag für Deutschlandradio Kultur vom 22.12.2015 die »Betriebswirtschaftler der Bahn«:

 

Sie sehen keine Perspektive für ein aus ihrer Sicht uraltes und überholtes Konzept angesichts immer billigerer Flugtickets. Das große Symbol ist zu klein in seinem Beitrag zum Konzernergebnis. Emissionen, Lärm, Streits um neue Startbahnen, war da nicht was? Schließlich der Klimawandel – stimmt, war da nicht gerade auch was in Frankreich? Ja genau: Der Klimagipfel: 40.000 Menschen aus aller Welt fliegen mit dem klimaschädlichsten Verkehrsmittel überhaupt nach Paris, um darüber zu diskutieren, wie sich der Klimawandel schnellstmöglich eindämmen lässt. Irgendwie seltsam.

Warum das System nicht einfach modernisieren?

Ich stelle mir vor, es gäbe das Nachtzugsystem in Europa noch. Wie viele der europäischen Delegierten hätten bequem mit dem Zug anreisen können und nach einem schönen Erlebnis auch gleich mit einem guten Gefühl der Glaubwürdigkeit und der Stimmigkeit ihrer Handlungen mit ihren Forderungen nach mehr Klimaschutz in die Diskussion einsteigen können. Auch deswegen ist es so unzeitgemäß, dass die Deutsche Bahn gerade jetzt ihre Nachtzüge einstellt und die Verkehrspolitik dieses mit einer falschen Subventions- und Ordnungspolitik, die die Bahn behindert und benachteiligt, noch befördert, anstatt das gesamte System zu modernisieren und auszubauen. Neue Bauweisen, leichteres Material, bessere Geräuschdämmung, digitale Vernetzung, W-Lan, moderner Service und modernes Design, von mir aus auch ein automatischer elektronischer Lokführer – Nachtzüge könnten heute sehr modern sein und bei einem geeigneten Marketing auch für junge Zielgruppen eine schlaue Alternative zum Fliegen bieten.

Eine Eisenbahnkultur der Nachhaltigkeit

So wie überhaupt die Eisenbahnen wieder das zentrale Mobilitätssystem Europas werden könnten. Heute, knapp 200 Jahre nach ihrer Erfindung und ihrem Triumph in der frühen industriellen Moderne, ihrem anschließenden Niedergang in 100 Jahren Konkurrenz zum Auto und nach einem halben Jahrhundert, in denen ihnen das Flugzeug das Leben schwer machte. Waren Auto und Flugzeug Sinnbilder für eine Epoche der Beschleunigung, der Individualisierung, des oft blinden Wachstums und der Zersiedlung, so könnte die Eisenbahn nun Pate stehen für einen Take-off ganz anderer Art.

Es könnte eine Eisenbahnkultur der Nachhaltigkeit sein, die an die Stelle des dröhnenden rasenden Stillstands der Flugzeug- und Automoderne rückt: Als dicht und dauerhaft gesponnenes, stetig und gleichmäßig pulsierendes Netzwerk der Verbindungen und Möglichkeiten, der Synergien und der Kooperation für ein neues Zeitalter der Nachhaltigkeit und des stabilen Gleichgewichts.

Denn das ist die einzige Alternative zu Klimawandel und Erdölimperialismus, der die Flugzeug- und Autoflotten dieser Welt unter Feuer hält. Die Neuerfindung des Nachtzugs wäre ein Mosaikstein dieser Mobilitätstransformation. Vielleicht kommen Bahn und vor allem die staatliche Bahnpolitik ja noch zur Besinnung und ein weiteres Mal würde sich damit die alte Weisheit bestätigen: Totgesagte leben länger!


Originalton DB-Vorstand: ICEs sind Nachtzüge, und Nachtbusse gehören zu einem Nachtzugkonzept

»Wir haben ein sehr, sehr hohes Durchschnittsalter der Flotte, Liegewagen über 40 Jahre [1], und es stimmt, dass wir unter anderem [2] mit der ÖBB im Gespräch sind, weil der Nachtzugverkehr in deren Produktionsstrukturen und deren Fahrzeugstrukturen besser passt als bei uns [3] und wir auf die Art und Weise den Nachtzug für den Kunden im Kern [4] aufrechterhalten können und wir selber gegenüber das, was wir heute ohnehin schon an Nachtzug mit ICEs haben [5], wir fahren ja vier ICEs als Nachtzüge [6], gerne aufstocken würden auf zehn [7], die werden von den Kunden sehr gut angenommen [8], die können wir aus dem laufenden Produktionskonzept fahren [9], also ausgesprochen günstig produzieren [10], und die auch mit, auch da haben wir vorher schon mal drüber diskutiert, ergänzen mit netzergänzenden Nachtbussen [11], so dass wir ein ganzheitliches Nachtzugkonzept [12] entwickelt haben, das tatsächlich unter anderem auch mit der ÖBB diskutiert wird, zu fahren.«

Aussage des DB-Vorstandes Berthold Huber auf der Pressekonferenz am 17.12.2015

 

[1] Das heißt: die DB hatte 40 Jahre Zeit, um Geld für neue Liegewagen beiseitezulegen. Jeder verantwortungsbewusste Unternehmer macht das. Umso mehr müsste ein staatlich kontrolliertes Unternehmen entsprechende Rücklagen bilden. Wo ist das Geld? Bei Stuttgart 21 versenkt?

Die Schlafwagen sind übrigens nur 12 Jahre alt. Und Sitzwagen bekommen die Nachtzüge laufend aus der IC-Flotte.

[2] Mit wem noch?

[3] Soll wohl heißen: lokbespannte Züge, die rangiert werden müssen, sind uns zu kompliziert, dafür reicht unsere Kompetenz nicht aus.

[4] Wie viel Prozent wären das etwa? 90 Prozent? 50 Prozent? 10 Prozent?

[5] »Nachtzug mit ICE« – meint der DB-Vorstand das ernst?

[6] Ja, die meinen das ernst. ICEs gelten jetzt plötzlich als Nachtzüge! Und wir einschließlich sämtlicher Lexikon-Autoren dachten immer, zu einem Nachtzug würden Schlafmöglichkeiten gehören, also Betten und/oder Liegen!

[7] Die DB möchte also jedem zukünftigen Betreiber von echten Nachtzügen dadurch Konkurrenz machen, dass sie diesen Zügen zweieinhalb Mal so viel ICEs als Konkurrenz vor die Nase setzt wie bisher.

[8] Logisch. Dort, wo kein echter Nachtzug mehr fährt, steigen Sitzwagenreisendende notgedrungen auf einen ICE um. Die richtigen Nachtzüge wurden übrigens auch sehr gut angenommen, 2013 übrigens von fast doppelt so viel Reisenden wie die DB gegenüber der Öffentlichkeit und ihrem Eigentümer behauptet hatte. Es bedurfte einer Bundestagsanhörung, dass die DB einräumte: »Die Züge sind gut gebucht.«

[9] Endlich haben wir des Pudels Kern: ICEs stehen nachts nutzlos herum (sofern sie nicht repariert werden müssen), da kann man doch mal welche auf die Schiene schicken.

[10] Und das ist – Überraschung! – auch noch viel günstiger, als Schlaf- und Liegewagen zu unterhalten, zu beliefern, mit Personal zu besetzen und die Wagen an eine Lok zu hängen. Kundenwünsche? Servicequalität? Weg damit! (Pssst: Viehwagen sind noch viel günstiger, und die haben auch keine Betten, genau wie der ICE!)

[11] Nachtbusse? Nacht - bus - se? Sind das nicht die Dinger, mit denen Partyvolk durch Großstädte oder nach Lloret de Mar gondelt? Und die sollen ein Schlafwagenabteil mit eigener Dusche und WC oder das Sechser-Liegeabteil für die ganze Familie ersetzen?

[12] Ja, sie sollen es. Das nennt die DB »ganzheitlich«.


Schweizer kämpfen für Nachtzüge

Jetzt ist es offiziell: Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn (DB) hat gestern entschieden, dass die DB-Nachtzüge im Dezember 2016 zum letzten Mal fahren werden. Eine Ära geht zu Ende mit unmittelbaren Folgen für Schweizer Nachtzugreisende: Es bleibt kaum mehr Zeit, um die Verbindungen nach Amsterdam, Hamburg, Berlin, Dresden und Prag zu retten. umverkehR hat heute Morgen mit einer Spontanaktion vor dem SBB-Hauptsitz darauf aufmerksam gemacht und die SBB aufgefordert, aktiv und zielgerichtet eine Nachfolgelösung zu finden.

Im September hat umverkehR über 11'000 Unterschriften für den Erhalt der Nachtzüge dem UVEK übergeben. Die Hiobsbotschaft aus Berlin verleiht unserer Forderung noch grössere Dringlichkeit. Sinnbildlich hat umverkehR einen 7 Meter langen CityNightLine zur neuen Uhr vor dem SBB-Hauptsitz platziert: Der Countdown läuft! Die SBB haben noch bis im Frühjahr 2016 Zeit, um eine Nachfolgelösung zu finden. Für diesen Kraftakt hat umverkehR den SBB ein Energiepaket mitgebracht, das sie nach der Aktion entgegengenommen haben. 

Was muss jetzt getan werden? Laut DB hat die ÖBB Interesse, das Nachtzuggeschäft zu übernehmen. Welche Linien die ÖBB tatsächlich weiterführen wird, ist bis anhin aber ungewiss. Daher ist es jetzt entscheidend, dass die SBB die ÖBB davon überzeugen kann, die Linien aus der Schweiz weiterzuführen. Auch wenn der finanzielle Handlungsspielraum seitens der SBB gering scheint, muss die SBB klar machen, dass diese Verbindungen für die Schweiz wertvoll sind.

Zudem muss der Bundesrat allenvoran Bundesrätin Doris Leuthard ein Zeichen für die Nachtzüge setzen und sich auf politischer Ebene bei der Österreichischen Regierung für die komplette Übernahme der Nachtzugverbindungen aus der Schweiz einsetzen. Gerade mit Blick auf das Klimaabkommen in Paris ist die Stilllegung der Nachtzüge fatal.

umverkehR wird nun noch stärker die Zusammenarbeit mit anderen Umweltorganisationen suchen, um den politischen Druck hoch zu halten. Zudem planen wir auch grössere Unternehmen, deren Mitarbeitenden auf gute Nachtzugverbindungen angewiesen sind in unsere Kampagne miteinzubeziehen.

umverkehR wird alles daran setzen, dass die verbleibenden Nachtzüge aus der Schweiz auch über das nächste Jahr hinaus bestehen bleiben.

      Appell an den Aufsichtsrat der DB AG

Der Wirtschaftsausschuss der DB European Railservice GmbH appelliert an die Mitglieder des Aufsichtsrates:

Zu einem Zeitpunkt,

·      zu dem mittlerweile fünf Bundesländer eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht haben, um das in Artikel 87e Absatz 4 geforderte Bundesgesetz endlich einzuführen – im Gesetzesentwurf ist ausdrücklich auch vom Nachtreiseverkehr die Rede –;

·      zu dem wichtige Maßnahmen der DB zur Einnahmeverbesserung der Nachtzüge eingeführt wurden;

·      zu dem das Nachbarland Österreich und dort die ÖBB kundtun, dass sie eine Ausweitung ihres Angebots an Nachtzugverkehren ins Auge fassen, wobei es sich um eine Fortsetzung einer seitens der ÖBB seit geraumer Zeit praktizierten Unternehmensstrategie handelt;

und fünf Tage nach dem historischen Abkommen des Pariser Klimagipfels wäre ein Aus für die Nachtzüge ein fatales Signal.

Wir appellieren an Sie: Stimmen Sie der Einstellung der Nachtzüge nicht zu!

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Weitere Unterstützer haben sich dem Appell angeschlossen
Appell WiA DB ERS an Aufsichtsrat DB AG
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Wir unterstützen den Appell an den Aufsichtsrat:

Prof. i. R. Dr. Elmar Altvater, Freie Universität Berlin; Bernd Baudler, Nürnberg, www.nachtzug-retten.de; Franziska Baumann, Oberammergau; Frank Beckert, Freital; Dr. Günter Berg, Berlin, Wissenschaftlicher Beirat Attac; Dr. Josef Berghold, Lübeck; Cornelius Berkmann, Karlsruhe, ADFC; Prof. Dr. Armin Bernhard, Universität Duisburg-Essen; Klaus Biedermann, Historiker, Vaduz (Liechtenstein); Thilo Böhmer, Rodgau, Lokführer; Monika Bork, Lörrach; Prof. Ulrich Brand, Universität Wien; Volker Braun, Salesmanager und Elternvertreter, Hamburg; Dr. Ulrike Brenning, Musikwissenschaftlerin und Journalistin, Berlin; Dr. med. Florian Bruns, Charité Berlin; Bernhard Bührlen, Wissenschaftler, Schweden/Schweiz; Denis Çelik, Gewerkschafts­politischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft; Michael CramerVorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN) des Europäischen Parlaments, Brüssel; Prof. Wolfgang Däubler, Dusslingen; Fabio de Masi, Mitglied des Europäischen Parlaments, Brüssel; Peter Dreller, ehem. GBR-Vorsitzender DB ERS, EVG-Mitglied, Hamburg; Prof. Dr. Ulrich Duchrow, Heidelberg; Dr. Christoph Engelhardt, Garching, Faktencheck-Portal WikiReal.org und Bahnexpertengruppe Bürgerbahn statt Börsenbahn (BsB); Birgit Englisch, Karlsruhe; Joachim Falkenhagen, Windland Energie­erzeugungs GmbH, Berlin; Clemens Flinner, Karlsruhe; Dr. med. Per Friedrichsen, Haldensleben; Klaus Gietinger, Wilhelmshorst, Autor und Regisseur; Walter Giger, Schweiz; Thorsten Gilles, Mühldorf; Dipl.-Ing. Florence Girod, Berlin; Ulrike Glauner, Karlsruhe; Peter Gorius, Koblenz; Ralph Grosser, Osterwald; Adriano Gulluni, Italien; Eber­hard Happe, Celle, ehem. Bundesbahndirektor; Johannes Hauber, Mannheim, Vorsitzender europäischer Branchenausschuss Bahnindustrie industriAll (europ. Industriegewerkschaft); Prof. i. R. Wolfgang Hesse, München; Dr. Georg Heygster, Bremen; Sofie Hüsler, Schauspielerin und Theaterpädagogin, Berlin; Katia Hueso, Beraterin für örtliche Entwicklung und Umwelt, Collado Mediano, Spanien; Natalia Karibiants, Karlsruhe; Dr. Peter Kasten für die Bahn-Gruppe bei attac, Göttingen; Hans Keller, Karlsruhe; Roswitha Kiesel, Karlsruhe, ADFC; Andreas Kleber, Schorndorf, Stiftungsberater und Consultant, Bahnexpertengruppe Bürgerbahn statt Börsenbahn (BsB); Dr. Harald Klimenta, Regensburg, Autor; Manfred Klingele-Pape, Hamburg; Dr. Bernhard Knierim, Berlin, Autor, Bündnis Bahn für alle; Hans Köbrich, Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Verwaltungsstelle Berlin; Bettina Köhler, Frankfurt/M., Diplom-Ingenieurin; Thomas Kraft, Frankfurt am Main, Landesvorsitzender PRO BAHN Landesverband Hessen e.V; Andreas Krüger, DB Station und Service, Berlin, Vertrauensperson EVG; Simon Laqueur, Berufspilot im Gelegenheitsverkehr, Münster;  Romain Leroy-Castillo, Europa; Prof. Dr. Ingrid Lohmann, Universität Hamburg, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von Attac; Uwe Lütge, Koblenz; Prof. Dr. Christoph Lumer, Siena / Dillingen an der Donau; Annette Maechtel, Berlin; Christian Mangels, Journalist, Hamburg; Oliver Marchand, CEO Carbon Delta AG, Zürich;  Prof. Dr. Mohssen Massarrat, Berlin, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von Attac; Dr. Lutz Mez, Privatdozent, Freie Universität Berlin; Peter Michael, Betriebsratsvorsitzender, GSP Sprachtechnologie GmbH, Berlin; Prof. Dr. Heiner Monheim, Bonn, Verkehrsplaner und Geograph, Bahnexpertengruppe Bürgerbahn statt Börsenbahn; Annamarie Montag, Radtourenfahrerin, Schweiz; Johannes Mosler, Restaurator, Oberzeuzheim; Dr. Klaus-Dieter Nauenburg, Pfinztal, Tourenleiter ADFC KV Karlsruhe; Heike Niederreiter, Stutensee, ADFC; Prof. Dr. Werner Nienhüser, Haltern am See; Claus Nölting, Hamburg; Bernd Oehding, Hamburg; Thomas Ostendorf, Hamburg; Prof. Dr. Niko Paech, Universität Oldenburg, Fakultät II, Lehrstuhl Produktion und Umwelt; Mario Pott, Koblenz; Pro Schiene Dreiland e.V., (Mitglied im Landesverband Baden-Württemberg von Pro Bahn); Julia Retey, Biel (Schweiz); Hans-Joachim Rieckmann, Verwal­tungsangestellter Uni Hamburg, ver.di; Dr. Werner Rügemer, Köln, Publizist, Mitglied von Transparency International; Prof. Dr. Jürgen Rochlitz, Burgwald, stellv. Vors. BUND-KV-Waldeck-Frankenberg; Dr. Wolfgang Sachs, Wuppertal Institut, Berlin; Dr. Thomas Sablowski, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin; Daniel Schalteggerehem. Teamchef DB Fernverkehr Zürich; Arndt Schwab, Dipl.-Ing. Raum- und Verkehrsplanung, Bundesvorsitzender Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V; Thomas Schwemmer, Frankfurt am Main, Vorsitzender PRO BAHN Regionalverband Großraum Frankfurt e.V.; René Senenko, Hamburg; Carlo Severini, Schweiz; Günther Sorgalla, Dresden; Thomas Immanuel Steinberg, Diplom-Volkswirt, Hamburg; Roswitha Stengel, Berlin, Attac, Bahn für alle; Eberhard Storm, Hamburg; Prof. Dr. Michael Vester, Leibniz Universität Hannover; Juan Vila Morales, Getafe, Spanien; Christa Walter, Deutschland; Thomas Wappler, Niestetal; Hans-Werner Willrodt, Deutschland; Susanne Winter, Karlsruhe, ADFC; Dr. Winfried Wolf, Wilhelmshorst, Autor; Siegfried Wunder, Erlangen

 

Möchten auch Sie den Appell öffentlich unterstützen? Dann senden Sie uns bitte eine Nachricht über unser Kontaktformular und geben an, ob Sie neben Namen und Wohnort auch Beruf oder Funktion genannt haben möchten.


Prominente Fürsprecher der Nachtzüge

Jakob von Uexküll, Begründer des »Alternativen Nobelpreises« (Right Livelihood Award) im »Hamburger Abendblatt« vom 8. Dezember 2015:

Häufig muss er für sein Engagement entgegen seiner Überzeugungen das Flugzeug nehmen. Und dann wird dieser ruhige Herr ein bisschen lauter: "Es ist skandalös, dass viele Nachtzüge in Europa eingestellt wurden, zum Beispiel zwischen Berlin und Brüssel." Höhere Klimaabgaben für Billigflieger seien notwendig.

 

Michael Cramer, Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Tourismus (TRAN) des Europäischen Parlaments:

Ich unterstütze den Appell und werde bei der nächsten Gelegenheit das Thema Nachtzüge erneut mit den Entscheidungsträgern der DB AG besprechen.

 

Heiner Monheim, Raum- und Verkehrsplaner, in der »Ostthüringischen Zeitung« vom 8. Dezember 2015:

Frage der OTZ: Warum haben die Fernbusse so guten Zulauf?

Monheim: ... Und die Fernbusakteure beleben genau das, was die Bahn kaputt gemacht hat. Sie fahren in erheblichem Umfang Interregio-Verkehre und neuerdings auch mehr Nachtverkehre. Die Bahn dagegen steigt aus den Nachtzügen aus.

 

Sabine Leidig, MdB (Die Linke), im Deutschen Bundestag am 3. Dezember 2015:

Mein Augenmerk liegt auf dem Verkehrssektor - der Kollege hat ihn gerade schon angesprochen -; denn er ist der zweitgrößte Klimakiller und der einzige Bereich, in dem die Treibhausgasemissionen weiter gestiegen sind, und zwar in den letzten 25 Jahren um 30 Prozent. Da traue ich meinen Ohren nicht: Pünktlich zum Klimagipfel in Paris - dorthin ist ein Promotionzug mit Promis gefahren - hat der Vorstand der Deutschen Bahn AG mitgeteilt, dass alle Nachtreisezüge ein­gestellt werden. Statt also im Schlafwagen in die europäischen Nachbarländer zu reisen, soll man künftig in Nachtbussen oder im ICE sitzen, oder man muss fliegen. Damit wird die klimafreundlichste Art zu reisen durch die klimaschäd­lichste ersetzt. Die Bundesregierung schweigt. Wir fordern, dass das Angebot an Nachtreisezügen europaweit als umweltfreundliche Alternative zum Flug­verkehr ausgebaut wird - für Klimaschutz und für sinnvolle Arbeitsplätze.

 

Matthias Gastel, MdB (Bündnis 90/Die Grünen), in der »Stuttgarter Zeitung« vom 3. Dezember 2015:

Der beabsichtigte Rückzug der Deutschen Bahn stößt unterdessen auf massive Kritik. „Nachtbus und Nacht-ICEs sind aus Kundensicht nicht attraktiv“, sagte Gastel der StZ über die Alternativen, die die Bahn ihren Kunden ab Dezember 2016 anbieten will. Der Abgeordnete aus Filderstadt fährt selbst häufig Nachtzug. „Die Fahrgäste wollen morgens ausgeruht ans Ziel kommen, durch die Umstellung würde die DB den Airlines neue Kunden in die Arme treiben.“

 

Rainer Stickelberger, MdL (SPD) und Justizminister Baden-Württembergs, Badische Zeitung und Oberbadische Zeitung, 16. Dezember 2015:

In einem Schreiben an den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, sowie an den Konzernbevollmächtigten der DB für Baden-Württemberg, Sven Hantel, betont Stickelberger, dass die heimische Region aufgrund seiner Grenzlage besonders betroffen wäre, sollte das Angebot tatsächlich eingestellt werden. Es bestehe die Befürchtung, dass die DB beabsichtigt, ihr Angebot an Nachtzügen zum Fahrplanwechsel 2016/2017 einstellt. Im Dreiländereck stellten die Nachtzüge die einzige Möglichkeit dar, ohne zusätzliche Übernachtungskosten und ohne Zeitverlust am Tage Destinationen zu erreichen, die weiter entfernt liegen.

 

Markus Ferber, MdEP, Vorsitzender der CSU Schwaben, in einem Schreiben vom 16. Dezember 2015 an den Vorstandsvorsitzenden der DB:

Zahlreiche Bürger meines Wahlkreises wandten sich an mich bezüglich des Vorhabens der Deutschen Bahn, sämtliche Nachtverbindungen drastisch zu streichen. ... Ich persönlich sehe diese Maßnahmen äußerst kritisch. Das Vorhaben der Deutschen Bahn, die Nachtverbindungen drastisch zu streichen, ist meines Erachtens umweltpolitisch und europapolitisch fragwürdig. Für viele Reisende bieten Nachtzüge eine bequeme und klimaverträglichere Alternative zu inneneuropäischen Flügen. Ohne Nachtzüge werden Reisende gezwungen, auf längeren Strecken einen zusätzlichen Tag und eine Hotelübernachtung in Kauf zu nehmen. Darüber hinaus könnte durch fehlende umsteigefreie Zugverbindungen der Wirtschafts- und Tourismusstandort Bayern an Attraktivität verlieren.

 

Alois Stöger, Verkehrsminister der Republik Österreich, in einer Pressemitteilung vom 4. Dezember 2015:

"Nacht- und Autoreisezüge sind ein wichtiger Faktor bei der Verlagerung von der Straße auf die Schiene", betont Verkehrsminister Alois Stöger, der die Initiative der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) zur Fortführung der Nacht- und Autoreisezugverbindungen nach Deutschland befürwortet. "Wir wollen die Mobilität der Menschen umweltfreundlich und nachhaltig gestalten. Dazu brauchen wir geeignete Alternativen zur Straße", so Stöger weiter.

 

Rosi Steinberger, Mitglied des Bayerischen Landtages (Bündnis 90/Die Grünen), in einer Mail vom 8. Dezember 2015:

Diese Strategie der Bahn ist völlig verfehlt und schädlich für den öffentlichen Verkehr in Deutschland und besonders in Bayern. Gerne setze ich mich für eine Beibehaltung der Nachtzugverbindungen ein. Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass die Bahn als bundeseigenes Unternehmen sehr stark von den Weisungen der Bundesregierung abhängt. 


DB will alle Nachtzüge abschaffen

Auf der Fahrt zum Klimagipfel nach Paris hat DB-Vorstand Ronald Pofalla verkündet, dass die DB in einem Jahr alle Nachtzüge abschaffen will. Irreführenderweise wird das zunächst als Konzept, die Nachtverbindungen auszubauen, dargestellt, und es klingt so, als habe die DB die Kritik ihrer Kunden verstanden:

"Umfragen haben klar gemacht, dass es eine Nachfrage nach solchen Verbindungen gibt", erklärte Bahn-Vorstand Ronald Pofalla am Wochenende. Es sei bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, die Konzept und Streckenkapazitäten prüfe, so der Bahnvorstand. Das Unternehmen reagierte damit auf die anhaltende Kritik auf das Ausdünnen der Nachtverbindungen. 

Aber dann erklärt Ronald Pofalla, was mit dem »Ausbau der Nachtverbindungen« gemeint ist: ICEs, die nachts durchfahren. Der DB-Vorstand ergänzt später: »Und Busse«.

 

Also nochmal zum Mitschreiben: Die Bahn chauffiert die Regierungsdelegation per Zug nach Paris, lobt sich für ihre Umweltfreundlichkeit, alle reden von »mehr Verkehr auf die Schiene« – und Ronald Pofalla erklärt die Nachtzüge für beendet.

 

Nachtzüge, um das denen zu erklären, die wie der ehemalige DB-Vorstand Ulrich Homburg noch nie einen von innen gesehen haben, sind Züge, in denen man in Betten und/oder auf Liegen schlafen kann, in den meisten findet man beides und auch noch Sitze. Sie fuhren und fahren unter Namen wie D-Nacht, CityNightLine, EuroNight, InterCity-Night, Trenhotel (»Hotelzug« auf spanisch), Intercité-Nuit, Nocturno ... und und und. Im Schlafwagen hat man Betten, Waschgelegenheit oder WC/Dusche im Abteil, es gibt einen Begrüßungstrunk und Frühstück; im Liegewagen kann man sich preiswert ausstrecken und in einem Bettbezug einwickeln – und wem die 21 Euro für die preiswerteste Liegekategorie zu teuer sind, nimmt den Sitzwagen. Getränke und kleine Speisen gibt's beim Zugpersonal, und manchmal gibt es auch ein richtiges Restaurant oder zumindest ein Bordbistro. Sie zu benutzen, ist meistens ein Vergnügen.

 

Ein Intercity oder ICE, der nachts durchfährt, fällt nicht in diese Kategorie. Er hat nämlich nur Sitze, das Licht brennt unbarmherzig die ganze Nacht, vor jeder Milchkanne kommt die Ansage »Wir erreichen jetzt Hintertupfingen. Ihre wichtigsten Anschlüsse: Regionalexpress nach Vordertupfingen um 3:45 Uhr von Gleis 3, Regionalbahn nach Kuhdorf um 4:20 von Gleis 4. Der Ausstieg ist in Fahrtrichtung links. Wir danken für Ihre Fahrt mit der Deutschen Bahn und wünschen Ihnen noch einen schönen Tag.« Nach jeder Milchkanne heißt es dann: »Wir begrüßen die in Hintertupfingen zugestiegenen Fahrgäste ...«

Wenn es Züge gibt, auf die der Ausspruch des früheren Bahnchefs Mehdorn »Zugfahrten über vier Stunden sind eine Tortur« zutrifft, dann sind es solche nächtlichen ICEs und ICs. Ganz nebenbei sind sie ein Paradies für Diebe.

 

Und dann reagiert die DB auf die Kritik am Ausdünnen der Nachtzüge mit der Abschaffung von Schlaf- und Liegewagen???

 

Ausgerechnet während der UN-Klimakonferenz?

 

Ausgerechnet, während mittlerweile fünf Bundesländer eine Bundesratsinitiative zur Einführung eines Gesetzes zur Gestaltung des Personenfernverkehrs auf der Schiene in die Wege geleitet haben?

 

- - - - - - - - -

 

Hier finden Sie die Mitglieder des Verkehrsausschusses des Bundestages. Schreiben Sie den Abgeordneten, was Sie von diesen Plänen der DB halten.

 

Wenn Sie in einem der fünf Länder, die die Bundesratsinitiative unterstützen, wohnen – Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Brandenburg und Bremen: Bekräftigen Sie die Landesvertreter in ihrem Unterfangen!

 

Wenn sie in einem der anderen Bundesländer wohnen: Fordern Sie Ihre Landtagsabgeordneten und andere Landesvertreter auf, sich der Initiative anzuschließen!


Die DB weiß, was ihre Kunden wünschen

Preisfrage: Wenn 36,3 % aller Kunden sich an Bord eines Zuges am liebsten entspannen würden und die DB das bildlich mit »Schlafen« übersetzt – welche Züge wären dafür wohl am besten geeignet? Doppelstock-ICs? ICEs? Oder vielleicht Züge mit Schlaf- und Liegewagen?


2016 - Neues Konzept für die Nachtzüge

 

»Drehscheibe online« berichtete als erstes, und inzwischen sind die Neuerungen auch auf der Website der DB zu finden:

 

1.

In den Liegewagen gibt es ab Fahrplanwechsel im Dezember 2015 keine Vierer- oder Sechserbelegungen mehr, sondern ausschließlich Fünferbelegungen. Eine Liege pro Abteil wird nicht verkauft, so dass mehr Platz fürs Gepäck verbleibt. Der Aufpreis für die Liegekarte beträgt 21 Euro, ist also identisch mit der bisherigen Sechserbelegung.

Wir sind gespannt, wie das bei den Kunden ankommt, denn manche werden sich in ihrem Buchungsverhalten umstellen (müssen): Eine fünfköpfige Familie muss kein fiktives Gratiskind mit eigenem Liegeplatz mehr anmelden, um ein Abteil für sich zu haben; auf der anderen Seite werden eine vierköpfige Familie oder zwei Paare, die ein Abteil für sich haben wollen, sich überlegen müssen, wie sie sich den fünften Platz »freisperren«.

 

2.

Alle Sitzwagen in Nachtzügen werden als IC bezeichnet und beim Buchen als eigenständige Verbindung angezeigt. Eine Reservierung ist nicht mehr nötig. Außerdem werden Sparpreise gesplittet: Beispielsweise wird für den Sitzwagen ein Sparpreis von 29 Euro angeboten, während im Liegewagen 59 Euro plus Aufpreis für die jeweilige Kategorie (Liege 21 Euro, Bett von 46 bis 107 Euro) verlangt werden.

Das wird hoffentlich so manche Reisende dazu bewegen, sich an Bord eines Nachtzuges zu begeben (weil für die Sitzwagen die abschreckende Nachricht »Verfügbarkeit prüfen« mit einer langwierigen und umständlichen Buchungsprozedur wegfällt), aber es gibt noch drei Haken an der Sache:

a) Was ist, wenn jemand vom Sitz- in den Liegewagen upgraden möchte? Zahlt er dann nur den Aufpreis von 21 Euro nach? Muss er zusätzlich die Differenz zwischen den Sparpreisen nachzahlen? Oder soll er zu hören bekommen, dass bei Sparpreisen Zugbindung besteht und er leider, leider nicht vom IC 60479 in den CNL 479 wechseln dürfe?

 

b) Die durchgehenden Sitzwagen von Hamburg nach Zürich werden standardmäßig nicht angezeigt, sondern es wird so getan, als ob man in Basel umsteigen müsse. Erst wenn man in den Einstellungen »Direktverbindungen« vorgibt, erfährt man, dass es diese Sitzwagen gibt. Da muss noch bei der Darstellung des Angebots nachgebessert werden. Wir hoffen, dass auch das Personal am Schalter entsprechend geschult wird.*

 

c) Wir haben mit viel Aufwand, mit einer Anhörung im Parlament und unter Inkaufnahme einer Strafanzeige wegen angeblichen Geheimnisverrats** die Konzernspitze zu dem Eingeständnis bringen können, dass 2013 in Nachtzügen viel mehr Reisende unterwegs waren als die DB immer behauptet hatte – der Konzern hatte sage und schreibe über 1,2 Millionen Sitzwagenreisende in Nachtzügen zu »Intercity-Reisenden« umdefiniert und statt 2,6 Millionen Nachtzug-Reisenden immer nur die Zahl 1,4 Millionen genannt. Darauf waren Presse und Regierungsparteien hereingefallen, sie hatten das Märchen von »sinkenden Reisendenzahlen« geglaubt. Wenn jetzt 2016 die Reisendenzahlen in den Sitzwagen steigen und (wegen der Preisdifferenz bei Sparpreis) in den Schlaf- und Liegewagen vielleicht stagnieren – wird dann die Konzernspitze womöglich behaupten, man könne diese Wagen dann gleich ganz abschaffen?***

 

* Das Problem ist seit langem bekannt. Wenn es 5 Minuten schneller war, auf dem Weg nach Paris in Brüssel aus dem Nachtzug in einen Hochgeschwindigkeitszug umzusteigen, dann bekamen die Reisenden diesen Umstieg als erste oder sogar einzige Möglichkeit angezeigt und zahlten 50 bis 80 Euro mehr als diejenigen, die gemütlich bis kurz vor Paris ausschlafen konnten. Unfähigkeit der DB? Absicht?

** Das Verfahren wurde selbstverständlich eingestellt. Denn die Bahn hatte solche Zahlen selber publiziert. Und wenn es erlaubt ist, falsche Zahlen zu publizieren, kann es nicht verboten sein, sie öffentlich zu korrigieren.

*** Man denkt ja manchmal, es könne bei der DB nicht schlimmer kommen. Aber man wird immer wieder eines Schlechteren belehrt: Die DB hat nicht mal abgewartet, ob und wie ihre Maßnahmen im Fahrplanjahr 2016 greifen, sondern hat knapp zwei Wochen vor Fahrplanwechsel verkündet, dass die sicherlich hochqualifizierte Truppe von McKinsey Nachtzüge für »wirtschaftlich nicht darstellbar« hält. (Was sagt McKinsey eigentlich zur wirtschaftlichen Darstellbarkeit von Stuttgart 21 oder der Neubaustrecke durch den Thüringer Wald, auf der ein bis zwei Züge pro Stunde fahren sollen?)


Es ist derselbe Zug, er wird aber zweimal angezeigt: Der Nachtzug von Hamburg nach Zürich bietet als CNL 479 Schlaf- und Liegewagen sowie als IC 60479 Sitzwagen. Hungrige und durstige Reisende in Sitzwagen sollten sich nicht abschrecken lassen: Imbiss und Getränke sind natürlich auch für sie erhältlich. Sie müssen nur in einen Nachbarwagen gehen oder warten, bis der Zugbegleiter vorbeikommt.

Dieser Zug fährt übrigens gemeinsam mit CNL 40479 (Schlaf- und Liegewagen Hamburg-München) und IC 61479 (Sitzwagen Hamburg-München) bis Frankfurt Hbf und übernimmt dort die Wagen des CNL 40419 (Schlaf- und Liegewagen Amsterdam-Zürich) und IC 61419 (Sitzwagen Amsterdam-Zürich). Das wird ein buntes Gewimmel auf den Bahnsteigen geben!


Klimagipfel in Paris – die DB ist mit einem Sonderzug dabei

Wir freuen uns, dass die DB sich zum Klimagipfel »COP21« am Jahresende 2015 als Vorreiter für den Umweltschutz präsentiert.

Noch mehr würden wir uns freuen, wenn nicht nur an einem einzigen Tag ein einziger Zug von Berlin nach Paris geschickt würde, in dem nur die Regierungsdelegation und ihr mediales Gefolge Platz nehmen dürfen, sondern wenn jeden Abend ein Zug nach Paris fahren würde, in dem auch das gewöhnliche Volk reisen darf. Es dürfen gerne auch mehr Züge sein: Aus Kopenhagen, Hamburg, Berlin und München könnte man dann wunderbar nachts an die Seine fahren, um den Tag zu genießen, anstatt ihn zwischen zwei Hotelübernachtungen in einer Sardinenbüchse zu verbringen und womöglich in Köln, Mannheim oder Karlsruhe den Anschluss zu verpassen. Man könnte sogar sein Fahrrad und mehr als einen kleinen Trolley mitnehmen!


Wer die Regierungsdelegation mit guten Wünschen nach Paris verabschieden möchte: Der Sonderzug fährt am Samstag, den 28.11.2015 um 09:14 Uhr im Berliner Hauptbahnhof aus der Tiefebene ab. Die Verabschiedung beginnt um 08:30 Uhr.

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Die DB verleugnet und unterschlägt Nachtzüge

2014 behauptete die DB immer wieder in öffentlichen Stellungnahmen, die Fahrgastzahlen der Nachtzüge seien in den letzten Jahren um 30 Prozent zurückgegangen und hätten 2013 nur noch 1,4 Millionen betragen. Im Januar 2015 musste die DB vor dem Bundestagsausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur einräumen, dass dies falsche Behauptungen gewesen waren: In Wirklichkeit hatten 2,7 Millionen Reisende die Nachtzüge benutzt – die Konzernführung hatte die rund 1,2 Millionen Reisenden in denjenigen Nachtzugsitzwagen, die keine Reservierung brauchen, aus den Nachtzügen herausgerechnet und dem IC-Verkehr zugeschlagen. Ulrich Homburg gab damals zu: »Stabile Nachfragesituation. Die Züge sind gut gebucht.«

Seit Monaten kann sich jeder Reisende davon überzeugen: Die Nachtzüge sind 2015 brechend voll, nur in wenigen Fällen können Spontanreisende noch einen Liege- oder Bettplatz ergattern. Ein Auslaufmodell oder »Nostalgieprodukt« sieht anders aus!


Und was macht die DB?


Erstens: Im neuen Fernverkehrskonzept kommen Nachtzüge nicht vor.


Zweitens: In der neuen Werbekampagne für Fernzüge (»Diese Zeit gehört Dir«) kommen Nachtzüge nicht vor. Anscheinend soll man an Bord der Züge alles, nur nicht schlafen und den Tag gewinnen.


Drittens: Der Hamburger Pressesprecher der DB Egbert Meyer-Lovis behauptete gegenüber dem Schweizer Rundfunk, außer der DB betreibe wohl niemand mehr Nachtzüge in Europa (ab Minute 8:08 des verlinkten Beitrags). Gegen diese Behauptung protestierten ein Abgeordneter des Europäischen Parlaments, zwei Bundestagsabgeordnete und eine Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft.

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Viertens: Einem Reisenden, der gegen die Falschbehauptung des DB-Sprechers protestierte, antwortete die DB mit Textbausteinen. Kein Wort des Eingeständnisses, dass in vielen Ländern Europas Nachtzüge unterwegs sind und bei entsprechenden Investitionen großen Erfolg haben, kein Wort von den eigenen Investitionen und neuen Ideen für Liegewagen – stattdessen werden die von der DB weggekürzten Autozüge als Beweis dafür genommen, dass die Reisendenzahlen in den Nachtzügen zurückgegangen seien.

 

Fünftens: Die DB verkündet einen Fahrgastrekord nach dem anderen beim Verkehr nach Frankreich, Belgien und in die Niederlande – und unterschlägt dabei die Reisenden in den Nachtzügen aus Hamburg, Berlin und München nach Paris sowie aus Zürich und München nach Amsterdam. Bejubelt wird 2015 eine Steigerung auf der ICE-Verbindung Frankfurt-Köln-Amsterdam – kein Wunder, denn seit Mitte Dezember 2014 fährt von Berlin (und Prag/Warschau) der Nachtzug »Jan Kiepura« nicht mehr bis Amsterdam, sondern nur noch bis Oberhausen, so dass man spätestens in Duisburg in den ICE umsteigen muss. Falls man sich das antun will.


Sechstens: Haben Sie es jemals erlebt, dass die DB eine Richtigstellung vorgenommen hat, wenn wieder mal in der Presse die Dumpingpreise der Billigflieger oder Fernbusse (»ab 9 Euro«), die nur für die gebuchte Verbindung gelten, den Vollzahlerpreisen der DB gegenübergestellt wurden, also einem beliebig umtauschbaren Ticket, dem im Flieger die Business-Class entspricht? Finden sie es nicht komisch, dass die DB sich diese wiederholte Geschäftsschädigung anscheinend klaglos gefallen lässt?


Warum tun die das? Wem nützt das? Den Bahnkunden? Der DB? Dem Staat als Eigentümer? Oder vielleicht den ehemaligen Arbeitgebern diverser DB-Vorstände und anderer Manager und Aufsichtsräte? Also der deutschen Auto- und Luftfahrtindustrie?


19. bis 21. Juni 2015 – Aktionswochenende

Ein europäisches Netzwerk zur Rettung der Nachtzüge und anderer grenzüberschreitender Züge hat sich gebildet: Unter dem Namen »Back on track« (»Zurück in die Spur«) setzen sich VertreterInnen von Organisationen und Einzelpersonen aus Schweden, Dänemark, Norwegen, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Spanien, der Schweiz und Österreich für den Erhalt bestehender Nachtzüge und die Einrichtung neuer europäischer Verbindungen ein.

 

»Back on track« ruft dazu auf, die europaweite Petition für europäische Fernzüge zu unterzeichnen, die bisher in sieben Sprachen verfügbar ist.

 

Vom 19. bis zum 21. Juni hat »Back on track« ein Aktionswochen-ende für Nacht- und andere Fernzüge organisiert. In 18 Städten von Dänemark bis Südspanien, von Frankreich bis Österreich wurde demonstriert.


85 Jahre Autozüge – eine ausgefallene Feier an zwei Orten

Am 1. April 1930 fuhr der erste Autozug der Deutschen (Reichs-)Bahn, und zwar auf der Strecke von Hamburg nach Basel.

 

Das 80-jährige Jubiläum wurde von der DB noch groß gefeiert und mit einem Gewinnspiel garniert.

 

Eine Feier zum 85. Geburtstag hat sich die DB verkniffen – war den Konzernoberen das Abschaffen gut gebuchter Züge zu peinlich? Wollten Sie den Fahrgästen nicht gegenübertreten?


Nun, in Hamburg und Lörrach trat der Bahnchef trotzdem in Erscheinung und trug den Reisenden das Grußwort von 2010 vor. Kein Wunder, dass die Reisenden einige Kommentare abgaben und die Presse kritisch nachfragte ...


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Der Bahnchef gratuliert dem Autozug und wünscht auch in Zukunft viele schöne entspannte Fahrten in den Urlaub
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Flugblatt zur Feier in Lörrach
Pfingsten in Lörrach.pdf
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Informationen auf der Website von »Pro Schiene Dreiland« mit verlinkten Pressemeldungen.


6. März 2015 im Bundestag: Linke und Grüne wollen Nachtzüge retten – SPD und CDU/CSU wollen Fernbusse und Billigflieger retten

Am 6. März 2015 stimmte der Deutsche Bundestag über drei Anträge der Linkspartei ab, mit denen

– erstens die Deutsche Bahn dazu gebracht werden sollte, den Abbau der Nachtzüge zu stoppen;

– zweitens die Diskriminierung der Fernzüge bei der Umsatzsteuerbelastung beendet werden sollte;

– drittens ein im Grundgesetz vorgesehenes Gesetz zum Schienenpersonenfernverkehr auf den Weg gebracht werden sollte.

 

Erwartungsgemäß haben die Parteien der Großen Koalition alle Anträge niedergestimmt – obwohl der dritte Antrag eine wortgleiche Kopie eines Antrages der CDU/CSU von 2001 war. Aber getreu dem seit Adenauer bekannten Motto »Was stört mich mein Geschwätz vor gestern« und dem Prinzip »Wo kämen wir da hin, wenn ausgerechnet der Eigentümer der Geschäftsführung Vorschriften machen dürfte« wurden die Rednerinnen und Redner der Großen Koalition sehr kreativ in ihrer Ablehnung aller Vorschläge.

 

Der Videomitschnitt der Debatte ist hier abrufbar.

Das Protokoll der gesamten Sitzung ist hier abrufbar und steht unten als Download zur Verfügung. Der Tagesordnungspunkt ist auf den Seiten 52 bis 61 des pdf-Dokuments abgedruckt (fortlaufende Paginierung 8786 bis 8795).

 

Die negativen Höhepunkte:

Dirk Fischer (CDU, WK Hamburg-Nord) möchte »die Probleme für unsere Flughäfen und unsere Airlines« nicht verschärfen, deswegen soll der Flugverkehr weiter subventioniert werden. Er hat in der Debatte geleugnet, dass er im Antrag von 2001 (Bundestags-Drucksache 14/5451) gefordert hat, dass für den Fernverkehr »die Finanzierung ... im Bundeshaushalt sichergestellt« wird.

Kirsten Lühmann (SPD, WK Celle-Uelzen) erklärt, dass sie dem Vorstand der DB jedes Wort glaubt – dabei gehört es zu ihren Pflichten als Aufsichtsrätin der DB, den Worten – und auch den Taten – des Konzernvorstandes zu misstrauen, denn wie sonst sollte sie ihre Kontrollfunktion ausüben können? Außerdem hält sie die Bahnreform für einen Erfolg. Man wird sie an ihren Worten messen müssen: eine staatliche Intervention schließt sie nämlich nur für den Fall aus, dass das von der DB angekündigte Fernverkehrskonzept dem grundgesetzlichen Auftrag des bedarfsgerechten Verkehrs entspricht. Außerdem ist sie der Ansicht, dass ein Autozug »nur vier Monate in der Saison eingesetzt werden kann und somit acht Monate lang auf dem Abstellgleis steht«.

Fritz Güntzler (CDU, WK Göttingen) schließt aus der Tatsache, dass die Zugfahrten mit dem – staatlich subventionierten – Nahverkehr gestiegen sind, dass man sich um den Fernverkehr nicht kümmern dürfe, denn sonst würden die Fluggesellschaften benachteiligt. Eine Benachteiligung von Fernbussen lehnt er ebenfalls ab. Worin er eine sieht, bleibt sein Geheimnis, denn Fernbusse zahlen keine Trassengebühr (Maut) und keine Stationsgebühr, denn sie können die mit öffentlichen Geldern erstellten und betriebenen Busterminals in den Städten kostenlos benutzen.

Andreas Schwarz (SPD, Bamberg) erklärt sich zwar zum »bekennenden Bahnfahrer«, vermutet aber, dass der Staatskonzern DB AG eine Umsatzsteuersenkung nach dem Vorbild der privaten Hoteliers nicht zu einer Preissenkung, sondern zu einer Bilanzaufhübschung nutzen würde. Er erklärt einen abweichenden Umsatzsteuersatz bei der Bahn für unzulässig, erklärt aber nicht, wie er es dann für legal halten kann, dass der Bund bei einer Bahnfahrkarte von Berlin nach Paris für den deutschen Streckenanteil 19 % Umsatzsteuer kassiert, während der Bund von der Lufthansa für dieselbe Strecke keinen einzigen Cent Umsatzsteuer fordert.

Michael Donth (CDU, WK Reutlingen) behauptet allen Ernstes, »der Autozug wird nicht komplett abgeschafft«, da doch Autos jetzt auf LKW verladen würden, ist fasziniert vom dichten Netz an Fernbusverbindungen, die billiger seien als die DB

 

Für einen besseren Bahnverkehr sprach sich die Opposition aus.

Sabine Leidig (Linke, WK Hanau):

Sie alle haben sicher mitbekommen, dass es eine tolle Kampagne gibt: Nachtzug bleibt. – Da haben sich Reisende und Beschäftigte mit Bahninitiativen zusammengeschlossen und haben für dieses Thema, übrigens grenzüberschreitend, eine ganze Menge Aufmerksamkeit bewirkt. Nachher, um 14.30 Uhr, könnten Sie sich an einer kleinen Kundgebung beteiligen, die hier vor dem Reichstag stattfindet.

Die Nachfrage nach diesem Angebot ist keineswegs desaströs, sondern kann – das wurde auch von Herrn Homburg von der Deutschen Bahn bestätigt – als stabil bezeichnet werden. Die Zahl der Reisenden mit Reservierung über Nacht ist in den letzten zehn Jahren um 4 Prozent gestiegen – immerhin –, und die Zahl der Reisenden, die in den Pendlerwagen mitfahren, frühmorgens oder spätnachts, ist sogar um 54 Prozent gestiegen.

Dass die Bahn mit diesem Angebot keinen Gewinn einfährt, liegt vor allen Dingen an den hohen Trassengebühren und an anderen Kosten, über die politisch entschieden wird.

 

Matthias Gastel (Bündnis 90/Die Grünen, WK Nürtingen):

Das Nachtzugangebot wird ausgedünnt, obwohl die Nachfrage – das gibt inzwischen auch der DB-Konzern zu – sehr hoch ist. Wir fordern, dass jetzt schleunigst ein Konzept für die Zukunftsfähigkeit des Nachtzuges vorgelegt wird. Wir fordern, dass die DB Investitionen in neue Nachtzüge tätigt.

Das Hauptproblem ist jedoch die mangelnde Wertschätzung seitens eines großen Teils dieses Parlamentes und der Bundesregierung gegenüber dem System Schiene. Das drückt sich in der Summe der Beträge aus, die in die Schiene investiert werden. Pro Kopf und Jahr werden in Deutschland 54 Euro investiert, in der Schweiz aber beispielsweise 366 Euro. Das macht deutlich, wie gering die Wertschätzung ist. Die Schweizer sind stolz auf ihre Bahn. Wir wollen, dass auch wir Deutschen stolz auf unsere Bahn sein können, auf eine Bahn, die pünktlich, zuverlässig und umweltgerecht Menschen und Güter transportiert. 

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6. März 2015 vor dem Reichstag: Kundgebung für Nacht- und Autoreisezüge

Kundgebung vor dem Reichstag unmittelbar nach Ende der Bundestagssitzung


Foto: JH

Sabine Leidig (Die Linke) berichtete von der Debatte über die drei Anträge ihrer Partei zur Verbesserung des Bahn-Fernverkehrs


Foto: JH

Michael Cramer, grüner Abgeordneter des Europaparlaments und Vorsitzender von dessen Verkehrsausschuss, setzte sich für bessere Verbindungen auf der Schiene ein.

Im Hintergrund: Poul Kattler vom dänischen »Rat für nachhaltigen Verkehr« wies darauf hin, dass von den 185.000 Reisenden, die jährlich den Nachtzug von und nach Kopenhagen genutzt haben, drei Viertel auf das Flugzeug umgestiegen sind.

 

Foto: JH

Geraldine Gay, Französin in Berlin, sprach für die vielen Reisenden, die von der Abschaffung der einzigen Direktverbindung zwischen den beiden Hauptstädten Paris und Berlin betroffen sind.


Foto: JH

Jon Worth, Brite in Berlin und beruflicher Vielfahrer, zeigte auf, wohin es führt, wenn Bahngesellschaften verschiedener Länder einander bekämpfen, anstatt zu kooperieren.

 

Foto: JH

Neben Sabine Leidig und Michael Cramer auch dabei: MdB Matthias Gastel, Mitglieder der Naturfreunde, des Berliner S-Bahn-Tisches und von »Bahn für alle« sowie Beschäftigte der DB.


11. Dezember 2014: Berlin, Hamburg, Hannover, Göttingen, München

12. Dezember 2014: Paris

Die letzte Abfahrt des Pariszuges am 11.12.2014 aus Deutschland nach Paris und am 12.12.2014 von Paris nach Deutschland war keine stille Beerdigung, sondern ein von phantasievollen und spektakulären Aktionen begleitetes Ereignis: Trommeln, Abseiling und Sleep-In in Berlin, Kundgebung und Rotwein in Hamburg, Flashmob in Hannover, Regenschirme und Schlafmützen in Göttingen, Kranzanhängung in München, Illumination und Flashmob in Paris ... und viele Interviews an Bord des Zuges. Mehr dazu auf unserer Website unter Aktuelles und français sowie hier und hier.

Berlin Hauptbahnhof


Foto: Nick Jaussi

Berlin Hauptbahnhof

 

Foto: Nick Jaussi



Übrigens: Das Motto »Nachtzug statt Nachtflug« ist fast identisch mit einem Werbeslogan der Bahn:

Mit »Nachtzug statt Flug« wirbt die DB für Reisen mit dem Nachtzug und bekräftigt: »Mehr vom Tag: Mit City Night Line durch Europa«.

Hamburg-Altona


Foto: JH

Hannover Hbf


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Göttingen


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München Hbf

 

Foto: Philipp Reindl

Paris Est, Abfahrt


Foto: JH

Paris Est, Abfahrt

 

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Möglicherweise kommen Ihnen Buchstabentafeln wie diese bekannt vor. Fotos mit Slogans, die aus diesen Leuchtbuchstaben gebildet wurden, gingen am 7. und 8. Januar 2015 um die Welt. Googeln Sie nach Bildern mit den Begriffen "not afraid" und "Paris". Die Zeitung Libération erzählt die Geschichte hinter den Tafeln. Merci à tous. Nous sommes Paris.

Tack till / many thanks to / herzlichen Dank an Tord Björk von »Friends of the Earth Sweden« für das Plakatmotiv

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